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sucht nach Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken –
und das ist halt sehr stark hier. Das hat eine eigene Dynamik und
die Betreuerinnen und Betreuer haben ganz schön zu tun, um allen
Bedürfnissen gerecht zu werden und die Übersicht nicht zu verlieren.
Bei uns ist schon was los! Die Arbeit ist schwer und - wenn man
sie engagiert macht - sehr komplex und vielfältig. Da braucht es
interessierte, auseinandersetzungsfreudige Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter, die bereit sind an sich und anderen zu lernen.
Und die gibt es in der “Rady”.
Im Haus bzw. mit anderen Hausbewohnern gibt es kaum Konflikte.
Wir dürfen ja den Hof benützen und wir haben nur einen Nach-
bar, mit dem wir immer wieder Kontakt haben und das durchaus
freundlich. Und zum Rest des Hauses haben wir eigentlich null
Kontakt, außer man trifft sich zufällig, dann grüßt man halt.
Der eine Nachbar wohnt - glaube ich - über dem Zimmer eines
Klienten , der am liebsten am Fenster hängt, im Sommer, wenn es
schön ist, und dann muss er sich fürchterlich laut aufregen, wenn
eine Straßenbahn oder ein Motorrad vorbei fährt und das ist in
dieser Lage öfter der Fall. So stellt sich die Frage nach Lärm-
belästigung, allerdings untertags, und das wird halt verpackt in der
Frage, ob das dann auch der richtige Platz für den Klienten ist,
wenn der sich wegen des Straßenverkehrs hier so aufregt, ob er
nicht was Ruhigeres brauchen würde.
Aber wir sind auch bekannt in der Umgebung durchs Einkaufen,
denn immerhin sind wir ja schon seit 2000 hier. Wir kommen gut
miteinander aus, außer wenn es neue Angestellte gibt, die dann
ein wenig fremdeln, wenn es eine neue Kassiererin gibt, die dann
nicht weiß, wie sie mit behinderten Menschen umgehen muss. Aber
das gibt sich dann mit der Zeit.
Zentraler Punkt im Tagesgeschehen ist doch der Nachmittag rund
um die Vorbereitungen zum Essen, vom Einkaufen bis zum Kochen.
Erst in den letzten Jahren haben wir begonnen, fixe begleitete
Kochdienste einzurichten. Für manche unserer Klienten die
Möglichkeit neue Kompetenzen zu erlernen oder aber zumindest
eine psychische Aufwertung zu erfahren, weil einer unumstritten die
Aufmerksamkeit eines Betreuers erhält. Für alle Bewohnerinnen ist
die Küche der wichtigste Ort, schauen und riechen – was wird
wohl heute auf den Tisch kommen. Da wird der Kochdienst immer
wieder von den anderen gestört und deswegen hatten wir gerade
einen teuren Küchenumbau. Irgendwie geht es auch bei schwer
behinderten Menschen darum, die Kindheit hinter sich zu lassen,
erwachsen werden, selbständig werden, Verantwortung überneh-
men. Das heißt, es ist uns wichtig auch innerhalb der
Wohngemeinschaft aufgewertete Situationen zu schaffen und nicht
nur rausgehen, spazieren gehen usw. Einkaufen macht sowieso
allen Spaß, das Einkaufszentrum ist ja die Kirche des 21. Jahr-
hunderts. Und natürlich schaue ich auch, dass die Bewohner mit
ihren Bezugsbetreuern was machen können und das regelmäßig.
Am Wochenende, da haben wir am Samstag einen „Einzeltag“
geschaffen, wo die Leute einzeln mit Besuchsdiensten oder mit
BetreuerInnen hinausgehen und der Sonntag ist dann mehr für
Gruppenausflüge. Die muss man aber immer kurz halten, weil
die immer konfliktträchtig sind, gekennzeichnet durch Rivalitäten,
einnässen, etc. Und die Urlaubsaktionen sind natürlich in diesem
Zusammenhang auch wichtig, weil man da ständig beieinander ist,
da ist das bezogen sein auf jemand für beide Seiten berechenba-
rer als im normalen Alltag, wo die Dienste ständig wechseln.
Das heißt, es werden da Dinge und Möglichkeiten sichtbar, die im
Schichtdienst verborgen bleiben.
Umbauarbeiten wären in der Wohngemeinschaft dringend erforder-
lich, eine Adaption an die geänderten Bedürfnisse der Bewohner
notwendig. In zehn Jahren verändert sich ein Mensch.
Wenn ich einen Wunsch hätte, dann weg von diesem Großsystem.
Also so viele Menschen in einer Gruppe, eine Küche, neun Leute
und drei Betreuer dazu, das ist wie eine Großfamilie – und da
schwirren alle Menschen herum, so ist das nun mal. Und da denke
ich mir, gewisse Sachen kann man in dieser Größe nicht mehr
leben von der Förderung her. Mit einer kleinen Gruppe wäre mehr
möglich, aber das ist leider nicht machbar, das weiß ich schon.
Schwerpunkte und Zielsetzungen
ß
Individuelle Förderung alltagspraktischer Fähigkeiten und
Fertigkeiten
ß
Unterstützung in pflegerischen Belangen
ß
Förderung der kommunikativen Möglichkeiten (Piktogramme
u.a. Hilfsmittel – „Unterstützende Kommunikation“)
ß
Individuelle Freizeitgestaltung
Zur Beachtung:
Diese Einrichtung ist nur bedingt geeignet für
Menschen mit Mobilitätsbehinderungen.
Wir bieten:
Intensive kontinuierliche Betreuung, bedarfsorientierte
Versorgung und Pflege im Alltag, Freizeitangebote.
Sie erreichen uns:
Station Schwedenplatz: U1. U4, Station Radetzkystraße: Linie 1
Adresse: 1030 Wien, Radetzkystraße 11