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In etwa zur gleichen Zeit als sich 1999 das Firmament über
Wien für zirka zwei Minuten verdunkelte und abertausende
gegen Himmel starrten und sich dem Naturereignis ergaben,
hatte ein Gruppe engagierter Personen in der Betreuung von
Menschen mit Behinderung eine durchaus erhellende Idee:
Betreuungsangebote für Menschen mit Behinderung in schwieri-
gen Lebensphasen im Wohn- und Freizeitbereich anzubieten.
Es sollte etwas anders sein als es bereits gab, es sollte auch
und vor allem für die Gruppe von Personen, die als sehr
schwierig zu betreuen gilt, passen. Diesen Überlegungen folgte
der Taufakt von Auftakt, die Gründung einer gemeinnützigen
GmbH, in einer damals noch von Vereinen dominierten
Anbieterlandschaft, deren erste Wohngemeinschaft bereits
2000 in Betrieb ging.
Durch die Kooptierung in die ARGE Wohnplätze und der
Beteiligung an der Ausgliederung von Menschen mit
Behinderung aus psychiatrischen Einrichtungen, schritt die
Planung von weiteren Wohngemeinschaften zügig voran.
Ungeplantes bescherte die Übernahme von drei
Wohngemeinschaften einer anderen Organisation.
Kurzum: es wurde geplant, vergrößert, übernommen, betreut,
verhandelt, erweitert, strukturiert, restrukturiert, besprochen, ver-
worfen und vernetzt. Na und? Das tun andere auch. Schon
möglich. Vielleicht aber nicht so schnell, nicht so gezielt und
mit nicht so großem Mut für Neues.
Integratives Wohnen für Menschen mit hohem
Betreuungsbedarf, herausforderndem Verhalten, großer
Individualität und erhöhter Lärmintensität klingt gut, ist es auch,
bedarf aber auch geeigneter Voraussetzungen. Nicht nur im
Interesse der BewohnerInnen, die sich wohl fühlen sollen, son-
dern auch im Sinne guter Nachbarschaft. Entsprechende struk-
turelle Rahmenbedingungen sind dafür genauso unerlässlich
wie inhaltliche Kompetenz.
Bei Auftakt werden konzeptunterstützende Maßnahmen
bereits bei Planungen berücksichtigt, um zu erwartende
Schwierigkeiten im Alltag zu minimieren. Barrierefreiheit von
Einrichtungen ist ein wesentlicher, nahezu schon selbstverständ-
licher Aspekt von Nutzbarkeit. Aber erst Räumlichkeiten, die
Geborgenheit, Sicherheit und Stabilität vermitteln, sind beste
Voraussetzungen für gemeinschaftliches Wohnen und ein ziel-
gerichtetes Handeln zur Verbesserung der Lebensqualität. So
wurde bei Auftakt z.B. mit der Umsetzung des „Würzburger
Modells“ ein Weg beschritten, der nicht nur den individuellen
Erfordernissen der BewohnerInnen entgegenkommt und deren
Fähigkeiten stabilisiert und fördert, sondern auch die fachliche
Qualität der Betreuung unterstützt.
Aber wie kommt das Angebot trotz guter Voraussetzungen an,
wie kann die Zufriedenheit der BewohnerInnen sinnhaft erfasst
werden, wie kann Strukturelles verbessert werden, wie die
Selbstbestimmung der BewohnerInnen gefördert werden,
welcher Rahmenbedingungen bedarf es zukünftig für eine
optimale Betreuung beim Wohnen?
Auftakt ist umtriebig, hinterfragt sich selbst, vernetzt sich und
blickt in die Zukunft. Als Mitglied im Dachverband Wiener
Sozialeinrichtungen, setzt es in diversen Gremien und
Arbeitsgruppen wesentliche Impulse, auch auf solche Fragen
geeignete Antworten zu finden.
Wer die Protagonisten von Auftakt kennt, weiß dass sie sich
nicht mit Erarbeitetem zufriedengeben werden. Sie sind nicht
angetreten, um Probleme zu verwalten, sondern Lösungen zu
erarbeiten und Neues zu denken. Querdenken, Hinterfragen,
Zweifeln und Skepsis sind wesentliche Motoren für
Entwicklungen. Manchmal mühsam, in der Regel lohnenswert.
Ganz im Sinne von Goethe hoffe ich, dass sie es noch lange
tun, denn, „wenn sie wüssten, wo das liegt, was sie suchen,
so suchten sie ja nicht“.
Alles Gute und weiterhin Erhellendes, mindestens bis zur
nächsten Sonnenfinsternis in Österreich – 2081.
Erhellendes
Anton Schmalhofer
Koordinator Behindertenhilfe Verband Wiener Sozialeinrichtungen
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