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In einem schönen revitalisierten Altbau liegt die Wohngemein-
schaft Wassergasse. Ihr Leiter Otmar Taschek erzählt über den
Alltag in der Wohngemeinschaft und generell über seine
Erfahrungen in der Behindertenszene:
Ich bin Behindertenfachbetreuer, das heißt ich habe bei einer
Behindertenorganisation begonnen und berufsbegleitend die
Ausbildung gemacht. Vorher habe ich Musik studiert,
Jazzgitarre und habe dann 1994 im Behindertenbereich
begonnen zu arbeiten und gleichzeitig mit der berufsbegleiten-
den Ausbildung. Ich bin also seit 1994 in der Branche. War
sieben Jahre Werkstätten-Leiter bei einer Organisation in
Niederösterreich. Anschließend vier Jahre in einer Werkstätte in
Lanzendorf. Das ist eine große Einrichtung im Süden von
Wien. Dort haben sie mich nach vier Jahren gekündigt. Ich
war also bis dahin immer in der Werkstätte. Dann habe ich
ein Inserat von Auftakt gelesen und es hat mich immer schon
interessiert, im Wohnbereich zu arbeiten. Den Wechsel habe
ich bis jetzt noch nicht bereut.
Größtmögliche Eigenständigkeit
Seit Dezember 2006 bin ich bei Auftakt. Erst war ich in der
Wohngemeinschaft Gerlgasse und habe dann die Wohn-
gemeinschaft Wassergasse hier übernommen und bin damit
beauftragt worden, die Übersiedlung zu koordinieren. In dieser
Wohngemeinschaft bin ich also seit Anfang an dabei.
Unsere Bewohner hier sind zwischen 20 und 71 Jahre alt,
wobei 71 die einmalige Ausnahme ist. Unser Senior geht
natürlich nicht mehr arbeiten, sondern untertags in ein
Tagesgeriatriezentrum. Es geht ihm sehr gut und er hat eine
sehr bewegte Geschichte hinter sich. Er ist kein typisch
klassisch behinderter Mensch aufgrund seiner Biographie,
aber er ist ein typischer 71jähriger, ein wenig Choleriker,
ein wenig langsam. Es gibt bei unseren Bewohnerinnen und
Bewohnern keinen bis wenig pflegerischen Aufwand, bei uns
steht eher die sozialpädagogische Betreuung im Vordergrund.
Die Probleme bei uns heißen: z.B. Drogen, Alkohol.
Wir betreuen z.B.: ehemalige Karlsplatzkinder. Es geht bei uns
nicht um „klassische geistige Behinderung“. Wir betreuen
Menschen mit Lernschwächen, psychischen Erkrankungen,
Persönlichkeitsstörungen. Wir versuchen unsere Bewohner
auf eine selbständigere Wohnform vorzubereiten. Die
Anforderungen im teilbetreuten Wohnen, die wir mit der
Kollegin Martina Graf in Zusammenarbeit erstellt haben,
versuchen wir ihnen da schon anzueignen, zumindest bei
denen es eben möglich ist. Denn bei allen ist es nicht möglich.
Zum Beispiel Medikamentenverwaltung: sie gehen selber in
die Apotheke und holen sich ihre Medikamente, sie schachteln
selbst die Medikamente ein, das geht sogar so weit, dass sie
den Dispenser von uns mitbekommen und wir nur mehr
dokumentieren, wann sie sie bekommen haben und sie müssen
die Medikamente nicht mehr vor uns einnehmen. Alles mit dem
Ziel: wenn sie dann einmal z.B. in einer Gemeindewohnung
sind und sie alleine wohnen und nicht jeden Tag wer da ist,
dass es dann auch funktioniert. Dass sie selbständig einkaufen
gehen, dass sie selbständig zu Ämtern, Behörden und Ärzten
gehen können.
Der rote Faden
Unsere Bewohnerinnen und Bewohnern haben Zimmer mit
einer kleinen Kochnische, in denen sie sehr selbständig leben
können. Gemeinschaftliche Aktivitäten finden meist am
Wochenende statt. Wir bieten unseren Bewohnern regelmäßig
Ausflüge an, am Wochenende ist meistens die aktive Zeit. Ich
muss aber dazu sagen, dass es bei unseren Leuten wirklich so
ist, dass die meisten ihre Freizeit selbständig gestalten wollen.
Manche bleiben zu Hause, um mit der Playstation zu spielen.
Manche haben in ihrer Freizeit so viel zu tun, dass sie gar
keine Zeit haben, mit uns am Wochenende Zeit zu verbringen,
weil sie bei der Freundin sind oder bei den Freunden oder
weil sie einfach unterwegs sind. Und das unterstützen wir
natürlich. Aber wir haben eben auch Leuten, denen wir regel-
mäßig Aktivitäten anbieten, um ganz einfach auch zu zeigen,
was sie in ihrer Freizeit alles machen können. Und das sollten
Dinge sein, die sie selbständig auch einmal tun könnten. Oder
in Wien zum Beispiel in einen Verein gehen. Wir haben ein
paar Leute, die in einem Tischtennisverein sind. Das sind so
Sachen, wo sie außerhalb soziale Kontakte knüpfen können.
Manche haben auch nach wie vor Familienkontakt. Bei man-
chen gibt es auch keine Angehörigen mehr.
Bezugsbetreuer und Bezugsklient machen sich sozusagen den
weiteren Lebensweg aus, so lange sie bei uns sind. Da gehört
alles dazu, da gehört die Perspektivenplanung dazu, zum
Beispiel die Frage „willst du überhaupt ausziehen?“, denn
gezwungen wird bei uns niemand. Und wenn ja, wie machen
wir es? Und was musst du können, damit du alleine wohnen
kannst. Das ist der rote Faden in unserer Betreuung.
Acht Bewohner gibt es in der Stamm -Wohngemeinschaft,
dann weitere drei in einer Einzelwohnung und eine Person in
einer Einzelwohnung. Auf Grund unseres Klientels, das wir auf
die Selbständigkeit vorbereiten, haben wir eine dementspre-
Wohngemeinschaft Wassergasse
Wassergasse 2, 1030 Wien
Otmar Taschek
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