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Zukunft in Konkurrenz zur Altenpflege, Altenbetreuung auf
Grund der Überalterung der Gesellschaft. Dazu kommt noch
die Überschuldung durch die Wirtschaftskrise – da werden wir
noch sehen, das geht sich hinten und vorne nicht aus.
Der finanzielle Faktor ist in dieser Beziehung sicher der
begrenzende Teil der Zukunft. Da ist sicher noch mehr
Kreativität gefragt – auch im Bezug auf die Kooperation
der Träger, der Leistungsangebote. Da sehe ich eine große
Dynamik, die aber nicht unbedingt positiv sein muss, bezogen
auf den heutigen Status. Das wird die Frage sein in den
nächsten Jahrzehnten, wie betreut werden kann.
Ich habe die Auftakt -Leute von Anfang an als professionelle und
engagierte Leute kennen gelernt – so aus dem Gesichtswinkel
habe ich das ja auch schon mit verfolgt, als ich noch bei der
Autistenhilfe war – da wurde ja damals Auftakt gegründet. Ich
habe die Leute also schon damals als frische und dynamische
Gruppe erlebt und das ist bis heute so. Das, was ich mir
damals erwartet habe, hat sich also durchaus erfüllt. Als ich
damals eingestiegen bin, hat man von einem mittelfristigen
Plansoll gesprochen, was Auftakt also vor hat an
Kontingentplätzen, an Volumen, an Kunden zu haben, das ist
mittlerweile mehr als erfüllt. Jetzt stellt sich die Frage, wie man in
den nächsten Jahren weiter arbeiten möchte. Wird es ein
Wachstum geben oder geht es mehr um innere Qualität?
Geht es darum, dass man was besser machen kann oder geht
es darum, dass man es unter schwierigeren Bedingungen noch
immer so gut machen kann, wie es jetzt der Fall ist?
Wie die Zukunft sich entwickeln wird, wird man sehen.
Es gibt Ideen, sich in der Altenbetreuung „wichtig” zu machen,
aber das sind alles Fantasien, wie sich Auftakt weiter
entwickeln könnte.
Für mich wäre es schön, wenn die Größe von Auftakt so bleibt
wie sie jetzt ist, was aber nicht heißen soll, dass nicht vielleicht
das eine oder andere Projekt noch dazu kommt. Aber unsere
Organisationsgröße sollte nicht wesentlich wachsen.
Das Bestehende soll man vielleicht auch noch konsolidieren –
wir haben ja immerhin jetzt ein ganz frisches Qualitäts-
management -System und das greift erst sehr langsam, da gibt
es sehr viele Projekte, die für mich noch nicht fertig sind. Die
gehören intern noch vertieft. Das würde ich mir wünschen,
dass man dafür Zeit hat. Aber eben auch ein wenig dazu
wächst, damit frischer Wind herein kommt. Also so stelle ich
mir die nächsten Jahre vor.
Wenn wir weiter in die Zukunft schauen: die Gesell-
schafterinnen und Gesellschafter werden ja auch nicht jünger
und irgendwann gehen sie in Pension. In zehn Jahren gibt’s
Gesellschafter, die sind dann schon 60 und dann beginnt die
Leitungsstruktur langsam abzubröckeln. Dann kommt die große
Frage: Was passiert mit Auftakt, wenn die bisherigen
Eigentümer sich unter Umständen verabschieden? Wird es ein
Kontinuum geben im Sinne einer kontrollierten Entwicklung mit
neuen Eigentümern und neuen Leitungsstrukturen? Wie auch
immer! Oder wird es da einen Bruch geben? Das ist meine
große Frage, wenn ich über die zehn Jahre hinaus schaue.
Soziale Verantwortung
Ich glaube nicht, dass sich der Staat aus seiner sozialen
Verantwortung so schnell verabschieden kann. Man kann sich
aus heutiger Sicht gar nicht vorstellen, wie das alles ausgehen
wird. Es wird sicher Einschnitte und Veränderungen geben.
Dass sich der Staat aus der Behindertenarbeit herauszieht,
kann ich mir nicht vorstellen, denn wie soll das funktionieren?
Vor dem Hintergrund der jetzigen wirtschaftlichen Situation
bedeutet das eher eine Stärkung des Staatsgedankens –
dass die Abdeckung der sozialen Grundbedürfnisse doch in
Staatshand bleiben sollen. Einmal sehen wie sich die Situation
weiterentwickelt, die nächste Krise steht ja schon vor der Türe
mit der hohen Staatsverschuldung. Das wird noch viele Jahre
dauern. Es kann natürlich sein, dass die Notwendigkeit von
Spenden und Sponsoring steigt. Sodass nur mehr eine
minimale Grundleistung aus der öffentlichen Hand finanziert
wird und der Rest muss so aufgebracht werden.
Wenn es die finanzielle Situation zulässt, wird es eine
Differenzierung des Leistungsangebotes geben müssen, wir
haben ja derzeit die typischen Wohngemeinschaften und die
klassische Ambulanz und was ist dazwischen? Es gibt ja auch
das Problem der Vereinsamung! Einerseits werden unser
Kunden dahin gebracht, dass sie unter Umständen selbständig
leben können oder dass sie mit weniger Betreuung selbständig
leben können, wenn sie dann aber übersiedeln, dann haben
sie zu wenig an Betreuung oder Anbindung. Da diskutieren wir
bei Auftakt schon, dass ein Angebot dazwischen fehlt und die
dazugehörige Finanzierung. Ein großes Thema ist auch –
zwar noch nicht bei uns, aber in benachbarten Ländern –
dass man nicht mehr den Trägern das Geld in die Hand gibt,
sondern den Kunden selbst, und dass dieser entscheidet mit
seinem Geld oder mit seinem Scheck, wohin, also zu wem er
geht, um die erforderliche Leistung zu bekommen.
Das ist ein Thema, was sicher bei uns auch noch kommen
wird, wenn es zu einer höheren Treffsicherheit führen könnte.
Aber derzeit scheint es aus den ersten Erfahrungen zu sein,
als ob dieses System mehr kostet, als es bringt unter den glei-
chen Rahmenbedingungen. Und das Altenthema ist sowieso
für alle präsent, nicht nur für Menschen mit Behinderungen.
Auch für uns Gesellschafter, die wir uns fragen, wie wir
mit 70, 80 Jahren betreut werden wollen!?