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Anfang der 80 ziger kam ich nach Wien, um Medizin zu
studieren. Während des Studiums hat mir dann irgendetwas
gefehlt, denn mich hat der therapeutische Bereich und Psychologie
auch immer interessiert. So habe ich neben dem Studium eine
Sozialtherapieausbildung gemacht und abgeschlossen und habe
begonnen zu arbeiten - in einer Wohngemeinschaft - wo ich auch
Hannes und Herwig kennengelernt habe. Ich bin dann eigentlich
immer mehr in Richtung Behindertenarbeit gewandert, habe dann
innerhalb dieser Organisation gewechselt, war dann
Wohnverbundsleiterin mit insgesamt vier Wohngemeinschaften.
Später kam das Angebot bei Auftakt mitzutun, wobei der Name
damals ja noch gar nicht klar war. Und das fand ich einfach toll.
Erstens macht es Spaß, etwas aufzubauen, und zweitens konnte
ich es mir mit den Personen, die dabei mitmachen wollten,
sehr gut vorstellen. Da hab ich mit Freuden zugesagt.
Es muss viel geredet werden
Aus dem Nichts etwas zu schaffen hat mich gereizt und auch die
Erfahrung einzubringen, die man vorher gemacht hat, und damit
verbunden der Wunsch, einfach besser zu sein: Neu anzufangen,
mit möglichst keiner Altlast. Dazu kommt noch die andere
Organisationsform, die reizvoll war, da man da freier arbeiten
konnte. Der Unterschied zwischen Verein und einer GmbH ist schon
groß und verbunden mit der Tatsache, dass alle sieben Gesell-
schafter auch mittun - also am Anfang waren wir ja noch fünf - und
bereit waren, die Verantwortung zu übernehmen, das ist auch span-
nend. Ich habe eigentlich nie daran gedacht, dass dieses Unter-
nehmen ein Risiko ist. Ich war mir total sicher, dass das alles
funktioniert. Angefangen habe ich mit der Leitung unserer ersten
Wohngemeinschaft in der Radetzkystraße. Dann kamen ja auch
noch Markus und die drei Wohngemeinschaften mit Schwerpunkt
„Autismus“ dazu. Eine Zeitlang habe ich die pädagogische Leitung
übernommen und dann kam eben das Qualitätsmanagement.
Es war für uns auch der richtige Zeitpunkt mit dem Qualitätsmanag-
ement zu beginnen. Am Anfang wusste ich nicht, was durch mei-
nen neuen Arbeitsbereich Qualitätsmanagement auf uns zukam, -
das war auch gut so - und habe mit Null begonnen. Ich hatte
früher schon eine Abschlussarbeit zum Thema Qualitätsmanagement
geschrieben und auch ein Praktikum in Neuseeland gemacht.
Da hatte ich bei dem Thema schon einmal Feuer gefangen.
Nun kam die Qualitätsmanagement -Ausbildung bei Dr. Offermann
dazu. Und ich sehe mich immer noch etwas als Lehrling. Wir
haben zwar mittlerweile die Zertifizierung im Jahr 2008 durchge-
bracht, aber es war viel Aufbauarbeit, die – glaube ich – so
ziemlich bei allen an den Nerven gezerrt hat. Es muss entwickelt,
geklärt, geregelt, vereinbart werden und vor allem am Anfang:
viel geredet werden! Es ist nicht immer einfach, besonders dann,
wenn es viele Schnittstellen gibt. Qualitätsmangement ist ein lang-
fristiger, zielgerichteter und strukturierter Prozess zur Verbesserung
der Qualität. Auftakt überprüft und bewertet die Qualität selbst und
zusätzlich gibt es Bewertungen von außen, wie zum Beispiel durch
Vertreter der Gemeinde oder durch die Zertifizierungsorganisation.
Gut Ding braucht Weile
Der Aufbau des Qualitätsmanagementsystems nach ISO, für das
wir uns entschieden haben, gibt zunächst einmal ein klar geregel-
tes Gerüst vor, aber wie wir das inhaltlich füllen, das ist dann unse-
re Geschichte. Das kann jede Organisation für sich selber
entscheiden und damit natürlich auch die Qualität. Es gibt Mindest-
standards, die man als Organisation erfüllen muss, man kann aber
seine Qualität selber steigern und weiter entwickeln. Darum geht‘s
einfach. Es wird die Qualität festgelegt, die wir bestimmen.
Qualität ist allumfassend und geht bis in den kleinsten Winkel. Im
Mittelpunkt stehen der Klient und die Frage, was können wir unter-
stützend tun, damit es ihr oder ihm gut geht. Gesammelt werden
alle Regelungen im Qualitätsmanagement -Handbuch. An der
Spitze steht das Leitbild, das unsere Werte festlegt und dem alle
weiteren Regelungen, neben den gesetzlichen Vorgaben, entspre-
chen müssen. Wenn da zum Beispiel von Selbstbestimmung und
Unterstützung die Rede ist, dann müssen wir bei allen anderen
weiteren Standards schauen, die wir entwickeln, dass wir denen
nicht entgegen arbeiten. Man fängt einmal mit den wichtigsten
Prozessen an. Wichtigster Prozess ist unser Betreuungsprozess.
Das haben wir am Anfang in einem Qualitätskreis getan, in dem
Vertreter aus jeder Einrichtung dabei waren. Es wird dann weiter
daran gearbeitet und das System verfeinert bis zu den Formularen.
Also auch ein wenig langweilige administrative Arbeit, weil auf
jedem Formular das Pünktchen stimmen muss, eine gewisse
Ordnung wird verlangt und dazu das Ablagesystem – ist nicht
gerade das Spannendste! Das Qualitätsmanagement -Handbuch
ist ziemlich dick und am besten wäre es, es würde dünner sein
oder es gäbe dieses Buch gar nicht, weil Qualitätsmanagement
ohnehin gelebt werden muss. Für neue Mitarbeiter hingegen ist es
gut, damit sie ein Regelwerk haben, an dem sie sich orientieren
können. Sie wissen: wer ist Auftakt, wie stellt sich Auftakt dar?
Die ISO -Zertifizierung von Auftakt war für uns ein wichtiger Schritt
und der Weg dahin hat gut drei Jahre gedauert. Gut Ding braucht
eben Weile. Und es ist auch gut und nötig, weil ja auch die
Mitarbeiter möglichst viel mit einbezogen sind. Es muss ja auch
von allen mitgetragen werden! Das alles sollte natürlich nicht zur
Belastung der Mitarbeiter führen. Und jedes Qualitätsmanagement
-System ist nur so gut wie die Mitarbeiter. Eine Strukturvorgabe
Wissen, wo’s lang geht
Susanne Pieper
Qualitätsmanagement, Gesellschafterin
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