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Der Einstieg
Ich bin ein Quereinsteiger in die ganze Materie, aber das ist
schon sehr lange her: Ich habe Humanbiologie studiert mit
dem Schwerpunkt Psychologie und habe parallel angefangen
mit dem psychotherapeutischen Propädeutikum (Anm. = die
Grundausbildung für die Psychotherapie) – und im Rahmen die-
ses Interessensschwerpunktes habe ich auch einen Praxisplatz
gebraucht im psychosozialen Umfeld. Da musste man
soundsoviele hundert Stunden nachweisen und so bin ich in
die Behindertenszene hineingekommen. Ein Freund hat in einer
Behindertenorganisation als Zivildiener gearbeitet und er hat
mich eingeladen, einmal vorbeizuschauen. Das hat mir damals
eigentlich sehr gut gefallen, wie dort gearbeitet wird von der
Atmosphäre her und da habe ich dann auch ein paar
Menschen kennen gelernt, die dort betreut werden.
Der Freund hat mir den Tipp gegeben, dass der Psychosoziale
Dienst Wien für ein Pilotprojekt zur Betreuung von Schwerst-
behinderten aus der Psychiatrie für ein paar Monate jemand
suchen, quasi als Einspringer. Daraus ist dann eine Anstellung
geworden beim Psychosozialen Dienst Wien. Das war damals
eine Wohngemeinschaft, die dazu gedacht war, dass man
diese Menschen aus den Krankenhäusern heraus bekommt.
Das war mein Einstieg in die Behindertenarbeit. Ich komme
also aus dem Bereich Naturwissenschaft und bin praktisch
in der Behindertenarbeit gelandet.
Das war der Einstieg. Jetzt war ich also fünf, sechs Monate
in dieser Wohngemeinschaft und die sollte planmäßig
geschlossen werden, d.h. die haben das Team schon abge-
baut und haben Ersatz gesucht, damit sie die Betreuung noch
aufrecht erhalten können, denn sie sollte von einem neuen
Träger übernommen werden. Das war die Autistenhilfe Wien
bzw. die Autistenhilfe als Dachorganisation. Und ich bin
damals mit den Klienten mitgegangen zu dem neuen Träger.
Das heißt, mein Praktikum hat sich sozusagen verlängert und
ich war voll angestellt bei der Autistenhilfe. Die Autistenhilfe
hat damals die Betreuung mit Schwerpunkt Autismus erst
aufgebaut. Sie wollten das aber nicht alleine für Autisten
machen. Und im Zuge des Aufbaus der Organisation haben
sie dann bald einmal einen Assistenten für die Geschäfts-
führung gesucht. Dafür habe ich mich beworben und bin
daher direkt von der Betreuung ins Administrative hinein-
gewandert. Das war am Anfang ein 50:50 -Job. Und wie sich
die Dinge so entwickelt haben, ist die Arbeit immer mehr und
mehr geworden und dann bin ich nach ein paar Jahren
vollbeschäftigt gewesen. Dann habe ich weitere Projekte mit
aufgebaut. Das war die erste PKH -Wohngemeinschaft,
da habe ich die Objektbetreuung mitgemacht. Ich bin also
langsam von der Betreuertätigkeit hinüber gewandert über
„wie man eine Wohngemeinschaft einrichtet“ zu weiteren
administrativen Belangen.
Der Schritt zu Auftakt
Die Entwicklung der Autistenhilfe hat dann plötzlich eine
Dynamik bekommen: der Proponent, der Gründer, die
Zentralfigur, Doktor Lenz ist leider verstorben. Er, der das
alles aufgebaut hat und weiter entwickeln wollte österreichweit:
Er wollte die Autistenhilfe Österreich mit Bundesländer-
organisationen groß aufbauen mit einer universitären
Anbindung. Er ist eben ganz plötzlich verstorben. Der
damalige Geschäftsführer, der hat so darunter gelitten, dass
seine Stütze, sein Mentor, der ihn ins Boot geholt hat, nun weg
ist, dass er dann das Handtuch geworfen hat. Da bin ich
plötzlich dagestanden als gut eingearbeiteter Assistent der
Geschäftsleitung in allen administrativen Belangen. Ich habe
mich damals entschlossen, weiterzumachen, wenn es die
Möglichkeit gibt und wenn es vom Verein auch gewünscht ist.
Und so hat man mir angeboten, weitere operative
Geschäftsführungsagenden zu übernehmen. Das haben wir
dann so aufgezogen, dass es einen pädagogischen
Geschäftsführer gibt und einen für die operativen Geschäfte
und koordiniert wird das ganze durch den Obmann. Und so
haben wir die Wohngemeinschaften eigentlich weiter geführt
ein paar Jahre. Die Dynamik ist aber dann weiter gegangen
in die Richtung, dass schlussendlich auch der Vorstand nicht
mehr wollte, es ist also alles weggebrochen, was nur
wegbrechen kann. Der Vorstand wollte also nicht mehr weiter
machen und hat angefangen Träger zu suchen, die die
Wohngemeinschaften übernehmen wollen. Und da war
offenbar „Auftakt“ schon im Fokus.
Und so war‘s dann auch: Auftakt hat die Kontingentplätze und
die drei Objekte dazu bekommen und nachdem der Verein
Trias (Anm.: ehemals „Verein Autistenhilfe Wien“) liquidiert
worden ist, gab’s da auch einen klaren Schnitt und Auftakt
hat alle zu einer konstruktiven Mitarbeit eingeladen.
Alle, die wollten, konnten bei Auftakt weiterarbeiten mit einer
neuen Anstellung. So bin ich zu Auftakt gekommen:
Mit Schwerpunkt Administration, Finanz- und Rechnungswesen,
die ganzen harten Zahlenwerke.
Das sind natürlich schon zwei Welten. Das Fachwissen für
meinen „neuen“ Arbeitsbereich habe ich mir dann über
Die gemeine Gemeinnützigkeit
Markus Estermann
Leiter Finanz- und Rechnungswesen, Gesellschafter
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