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Urlaubsaktion ist, wird so viel wie möglich erledigt. Wir brau-
chen eine neue Küche, wir müssen Wände aufstellen,
die Wohngemeinschaft muss ausgemalt werden, wir
brauchen neue Fußbodenbeläge in ungefähr der Hälfte
der Wohnung. Das ist nur unter Einsatz von Firmen in dieser
kurzen Zeit möglich.
Nachdem die Zeiten immer härter werden, ist es auch mit der
Finanzierung solcher Generalsanierungen nicht leicht.
Das wird von den Subventionsgebern sehr individuell
gehandhabt. Wir haben ja eine Wohngemeinschaft, die wir
von Trias übernommen haben und die ist schon 15 Jahre alt.
Die hat natürlich diverse Mängel und entspricht nicht mehr den
heutigen Standards, die man voraussetzt und erwartet.
Wir haben dort zum Beispiel kein Pflegebad. Obwohl wir dort
das höchste Durchschnittsalter aller Wohngemeinschaften
haben, haben wir aber keine adäquate Pflegemöglichkeit.
Die Wohngemeinschaft ist von der räumlichen Struktur her nur
bedingt geeignet von der Aufteilung der Räume und auch von
den technischen Gegebenheiten. Früher war es möglich, dass
man nach mindestens zehn Jahren eine Nachsubvention für
eine Generalsanierung bekommt. Wir haben daher den Fonds
Soziales Wien eingeladen, sich bei einer Besichtigung der
Wohngemeinschaft von der Notwendigkeit der Sanierungen
und Umbauten selbst zu überzeugen. Wir haben eine Absage
bekommen mit der Begründung, dass es Wohngemeinschaften
in einem viel schlimmeren Zustand gibt und das Geld jetzt ein-
fach nicht vorhanden ist. Aus unserer Sicht wäre aber die
Sanierung dringend notwendig. Das sind einerseits frustrieren-
de Momente, aber auf der anderen Seite ist es auch eine
Herausforderung, denn wir müssen dort was tun! Wir müssen
eben Wege finden, diese Sanierung durchzuführen ohne
Unterstützung der öffentlichen Hand. Es bleibt uns nicht erspart,
uns mit Alternativen auseinanderzusetzen.
Und diese Alternative ist, die Öffentlichkeit auf uns aufmerksam zu
machen, die Öffentlichkeit einzuschalten. Denn bislang war es ja
auch unsere Überzeugung, dass die Behindertenarbeit im Auftrag
der öffentlichen Hand gemacht wird und die öffentliche Hand
auch dafür aufkommen muss in dem Ausmaß, in dem es not
wendig ist. Das haben wir jetzt auch neun Jahre durchgehalten.
Aber jetzt müssen wir uns nach Alternativen umschauen, weil die
Einschränkungen immer größer werden und die Möglichkeiten
immer geringer. Und da geht es auch um die Qualität der Arbeit.
Wenn ich in einer Wohngemeinschaft ältere Personen habe,
die auch schon körperliche Einschränkungen haben und es
dort keine adäquaten Möglichkeiten gibt, diese Leute zu
pflegen, zu waschen etc., dann ist das ein massives Qualitäts-
manko. Dann kommt dazu, dass das Geld der öffentlichen
Hand immer weniger wird, die Ansprüche aber immer höher
geschraubt werden und wir täglich gefordert sind, diesen
Spagat zu schaffen zwischen erhöhten Ansprüchen, die
natürlich kosten, und der Qualität, die direkt bei den
Bewohnerinnen und Bewohnern ankommt.
Vergleiche ich heute mit der Zeit vor zehn Jahren, waren wir
damals in einem Eldorado. Da hat man sich wirklich überlegen
können, was machen wir? Was tun wir noch, was direkt dem
Klienten zu Gute kommt. Pädagogische Konzepte entwickeln,
Konzepte umsetzen - das ist jetzt ein wenig abgebröckelt. Jetzt
steht nicht im Vordergrund, was machen wir, welches Konzept
schmieden wir für wen, sondern jetzt geht’s vermehrt darum: wir
sollten das und jenes tun, wie finanzieren wir das, wie ermög-
lichen wir das? Das ist der wesentliche Unterschied zu damals.
Was aber nicht heißt, dass das jetzt total frustrierend oder wert-
los ist, was wir machen. Die Perspektiven von damals haben
sich der Realität angepasst und somit geändert. Ich bin aber
grundsätzlich nach wie vor davon überzeugt, was Auftakt
macht und wie es Auftakt macht.
Quo vadis Auftakt?
Die Zukunft von Auftakt wird grundsätzlich bestimmt von den
sieben Gesellschafterinnen und Gesellschaftern. Meine
Einschätzung für die Zukunft ist eigentlich seit Beginn unverän-
dert, denn meine Prämisse war immer „klein, aber fein“. Ich
will keinen Großbetrieb. Ich will, dass Auftakt klein bleibt,
überschaubar bleibt. Klein bleiben, alles im Überblick zu
haben und sich auf die Qualität der Arbeit konzentrieren zu
können - das ist so meine Anforderung an Auftakt, die ich bei
jeder Gelegenheit, wenn wir über die Zukunft reden, was wir
ja auch einmal im Jahr machen bei der Gesellschafterklausur,
vehement vertrete. Wir werden schon noch ein bisschen
wachsen, das ist auch in Ordnung, aber das Wachstum und
den Umfang von Auftakt begrenzen ist mir wichtig.
Ich kann über viele Jahre schon beobachten, dass verschiedene
Randgruppen zu verschiedenen Zeiten verschieden gefördert
werden und wurden. Ich glaube in Zeiten dieser Krise, die wir
jetzt haben, wird der AMS -Bereich, der Bereich der Arbeits-
losigkeit mehr gefördert, also Projekte in diesem Bereich und
das ist auch gut so. Dann kommt hoffentlich wieder die Zeit,
wo der Behindertenbereich mehr gefördert werden wird.
In dieser Phase sind wir sicher nicht derzeit. Es geht ja schon
seit Jahren stetig bergab mit den Mitteln, die uns zur Verfügung
stehen. Ich hoffe, dass die Talsohle erreicht ist und es in den
nächsten Jahren wieder besser werden wird. Wir sind gefordert
und wir werden das auch schaffen.
Die Zukunft unserer Arbeit? Es wird noch weiter gehen als es
ohnehin schon ist: die Arbeit wird wägbar und messbar sein
und noch kontrollierbarer werden müssen, was früher ja nie
der Fall war, wo man sich ja viele Jahre dagegen verwehrt
hat, dass die Sozialarbeit wägbar und messbar sein muss.
Dem entkommt man mittlerweile nicht mehr, der Zug ist schon
lange abgefahren. Es ist nur so, dass ich ein wenig Bedenken
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