Jahresbericht 2013 - page 44

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Ersatz gesorgt ist. So wurden ein Sessel für seine Plüschtiere, ein Ganzkörperspie-
gel für die Wand, ein großes buntes Bild und eine Couch für sein Zimmer bestellt,
wodurch das Aussehen seines Zimmers sehr profitieren wird.
Herr K. ist im Laufe der drei Jahre ebenfalls ruhiger geworden und hat ein wenig
an Gewicht zugelegt. Nach dem Einnehmen der Nachmittagsjause legt er sich in
sein Bett. Früher ist er immer unruhig den Gang auf und ab gegangen und es war
ihm auch wichtig einen Spaziergang zu machen. Sein Hinausdrängen ist weg und
auch seine Klagelaute höre ich heute nicht. In der WG ist es insgesamt ruhiger
geworden.
Frau O. ist nach wie vor recht zart. Heute zieht sie sich nach der Nachmittagsjause
in ihr Zimmer zurück und schaut sich DVDs in chinesischer Sprache an. Sie setzt
sich ganz knapp vor den Bildschirm und schaltet den DVD Player und den Fernse-
her selbstständig ein und aus. Beim Essen sitzt sie jetzt aufrechter als früher, als
sie ihr Gesicht noch ganz nah über das Teller hielt, um den Weg zum Mund extrem
zu verkürzen.
Frau P. benutzt nach wie vor ihre Hängematte, anstatt der Steine gibt es jetzt Kas-
tanien. Ihr Zimmer hat ein besonders schönes Aussehen, es gibt bunte Schmet-
terlinge an der Wand. Ihr Schlafbereich ist gepolstert, um sie vor ihren Autoag-
gressionen zu schützen. Ihre Hände haben dicke Hornhautstellen am Handrücken,
weil sie damit über Wände fährt und diese dabei mit Blut verschmiert. Ihre liebste
Position ist das Sitzen am Boden, speziell am Gang. Als ich gegen 18.00 Uhr in ihre
Nähe komme, ergreift sie meine Hand und führt mich in die Küche zum Essen. Da
das Essen zur gewohnten Zeit noch nicht fertig ist, setzt sie sich zu Tisch und war-
tet bis es aufgetragen wird.
Frau A. hält sich viel in ihrer kleinen Wohnung im ersten Stock und vor dem
Dienstzimmer auf. Sie wechselt die Fotos der jeweils diensthabenden Betreuungs-
personen. Inzwischen nimmt sie das Frühstück, das sie selbst zubereitet, in ihrer
Wohnung ein und setzt sich nur mehr beim Abendessen zu den anderen Bewoh-
nerInnen. Eine weitere Veränderung im Vergleich zu früher: Die Medikamente
werden nicht mehr im Dienstzimmer eingenommen. Damals wurde die separier-
te Einnahme der Medikamente im Dienstzimmer damit argumentiert, dass durch
die strikte Trennung von Essen und Medikamenteneinnahme ein höherer Grad an
Normalisierung erreicht werden würde. Nach dem Essen, als es draußen dunkel
wird, werden die Jalousien heruntergelassen, weil man nicht will, dass die Bewoh-
nerInnen in der Auslage sitzen. Die Wohnküche ist im Vergleich zu früher kahl und
leer, selbst das TV-Gerät ist hoch oben montiert worden.
Die WG Karree St.Marx ist Ende 2009 neu eröffnet worden. Da zunächst die Einge-
wöhnungsphase der BewohnerInnen abgewartet werden musste, habe ich diese
Einrichtung erst Anfang 2010 das erste Mal und eineinhalb Jahre später das zweite
Mal besucht, um genaue Aussagen über das Wohlbefinden der BewohnerInnen
treffen zu können. Der Großteil der BewohnerInnen ist damals direkt aus dem
Pavillon 17, der institutionellen Unterbringungsform im Otto Wagner Spital ge-
kommen und musste sich auf die fremde Umgebung aber auch auf neue Betreu-
erInnen einstellen.
Wie die beiden Protokolle zeigen, ist es zu einigen Veränderungen gekommen.
Nach drei Jahren ist ein verändertes Betreuungsteam mit neuer Leitung im Ein-
satz. Auch bei einigen BewohnerInnen ist es zu Veränderungen im Verhalten ge-
kommen, welche das sind und ob diese positiv oder negativ einzuschätzen sind,
wird Gegenstand der nun folgenden Beobachtungen sein.
Physisches Wohlbefinden
Seit meinen ersten Beobachtungskontakten sind die BewohnerInnen drei Jah-
re älter geworden. Wie die beiden Protokolle zeigen, gibt es kaum Hinweise auf
schwerwiegende Erkrankungen. Aus Erzählungen der Betreuungspersonen ist je-
doch bekannt, dass einige BewohnerInnen gesundheitliche Krisen meistern muss-
ten. Eine Bewohnerin verbrachte einen längeren stationären Aufenthalt in der
Psychiatrie. Wichtige Themen im Zusammenhang mit dem physischen Wohlbefin-
den sind vor allem die Hygiene, das Essen und die Medikamenteneinnahme.
Hygiene
Frau F. hat sich während der vergangenen beiden Besuche vor drei Jahren bzw. vor
eineinhalb Jahren regelmäßig nass gemacht. Ihre Inkontinenz zeigte sich in vielen
Situationen, sei es während ihres Aufenthaltes in der Küche oder während des
Schlafens in ihrem Bett. Oft musste ihre Bettwäsche amMorgen samt und sonders
abgezogen und in die Waschmaschine gegeben werden, weil alles nass war.
Inzwischen ist ihre Kontinenz verbessert, es gibt immer mehr Tage, in denen sie
trocken bleibt. Dieser große Fortschritt ist gelungen, weil die BetreuerInnen dazu
übergegangen sind, sie regelmäßig daran zu erinnern, sich aufs WC zu setzen. Die-
ser Aufforderung kommt Frau F. gerne nach und teilweise macht sie ihre Toiletten-
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