Jahresbericht 2013 - page 22

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bringt. Ansonsten macht er kaum Unterschiede zwischen seinen zahlreichen Be-
treuungspersonen. So nahm er mich gleich beim ersten Besuch an der Hand und
zog mich in Richtung WG -Ausgang. Danach probierte er, ob ich mit ihm ins Pflege-
bad gehe, wieder musste ich ablehnen. Als ihm klar gemacht wurde, dass ich kein
Betreuer bin und dass sein Besucher, der mit ihm ausgeht, in einer halben Stunde
kommen wird, ließ er mich in Ruhe und wartete geduldig auf seinen langjährigen
Bekannten.
Soziale Verhaltensmuster
Herr A., Frau D. und auch Frau A. halten sich viel in ihren Zimmern auf und gehen
dort ihren Beschäftigungen nach. Herr C. wechselt oft zwischen seinem Zimmer,
dem Pflegebad, dem Wohnzimmer und der Küche hin und her. Die Terrasse ist im
Winter kein beliebter Aufenthaltsort. Ist es warm, schließt er auch diese gerne in
seine WG-Runden ein. Ein bis zwei Bäder täglich gehören zum Normalprogramm
von Herrn C. Vor vier Jahren gab es viele Tage, an denen er wiederholt in die Ba-
dewanne stieg, jetzt gibt er sich manchmal auch nur mit einem Bad am Abend und
einem in der Früh zufrieden.
Eine weitere Eintragung aus dem Jahre 2009 bezieht sich auf das Verhalten von
Herrn C.: „Herr C. wandert im Wohnzimmer unruhig hin und her, ab und zu fällt
er dabei ins Laufen. Dann beugt er sich über den kleinen Tisch, der hinten an der
Wand des Wohnzimmers platziert ist, verharrt eine knappe Minute in dieser Po-
sition und läuft dann wieder quer durchs Wohnzimmer hinaus auf die Terrasse.
Draußen zieht er sich sofort die Hausschuhe aus und läuft mit seinen Socken über
den nassen Steinboden. Trotz der Hinweise seine Hausschuhe nicht auszuziehen,
ignoriert Herr C. diese Zurufe und wiederholt diesen Bewegungsablauf.“
Diesmal habe ich Herrn C. offenbar in einer guten Phase angetroffen, die laut
Erzählung der Betreuungspersonen nun schon viele Monate andauert. In den letz-
ten Jahren hatte Herr C. regelmäßig eine über viele Wochen andauernde „unru-
hige Phase“, in der er sich wiederholt nackt auszog, urinierte und dabei durch
seine hohen Laute die MitbewohnerInnen nervte. Jetzt traf ich Herrn C. meist
sehr entspannt mit einem Lächeln auf den Lippen an. Wenn er zuhause ist ruht
er sich meist auf der Couch liegend aus, bevor er zu seinen Aktivitäten aufbricht.
Frau D. raucht nach wie vor ihre abgezählten Zigaretten und hält sich kaum noch
ihre Finger in die Ohren. Dies hat sie früher immer dann gemacht, wenn es ihr zu
laut geworden ist und sie sich unwohl fühlte. Dieses einst für sie typische Verhal-
ten legt sie heute kaum noch an den Tag und sie hat sogar, was noch nie vorgekom-
men ist, überraschend ihre beiden Besuchsdienstdamen gekündigt. Normalerwei-
se versucht Frau D. den sozialen Erwartungen ihrer Umgebung zu entsprechen.
Die Betreuungspersonen stufen dieses geänderte Verhalten als kleines „Wunder“
ein. Sie spricht auch mehr als vor vier Jahren. Nach wie vor ist sie sehr daran inte-
ressiert, ihre Wäsche selber zu waschen.
Das gestiegene Selbstbewusstsein von Herrn A. wurde bereits positiv erwähnt.
Frau N. hat ihre Verhaltensweisen weitgehend beibehalten. Sie „verliert“ nach wie
vor ihre Zahnprothesen, sie würde auch nach wie vor ihre Möbel verrücken, wenn
diese inzwischen nicht fest im Boden verankert wären, und sie hilft wie vor vier
Jahren gerne beim Kochen und in der WG mit. Wie früher schon ist Frau N. auf-
fällig gekleidet, eine große Sonnenbrille, die sie auch bei Schlechtwetter aufsetzt,
verleiht ihr ein geheimnisvolles Aussehen. Neu ist allerdings, dass sie mittlerweile
alleine die WG verlässt und spazieren geht oder ein Café besucht, wodurch ihr
Aktionsradius gestiegen ist.
Aktivitätsbezogenes Wohlbefinden
Die Analyse der Einbeziehung der BewohnerInnen in die alltäglichen Beschäfti-
gungen und zusätzliche Aktionen, die von und mit den BewohnerInnen betrieben
werden, gibt einen Aufschluss darüber, inwieweit die Ressourcen der Bewohne-
rInnen gefördert werden.
Einbeziehung in alltägliche Beschäftigungen
Aus dem Protokoll: „Heute ist Herr A. zum Kochdienst eingeteilt. Als die Betreu-
ungsperson ihm mitteilt, dass er heute die Ehre hat mit ihr einkaufen zu gehen
und beim Kochen zu helfen, ist Herr A. nicht ablehnend eingestellt, allerdings auch
nicht besonders erfreut. Wenig später fragt er mich, ob er mit mir ausgehen kann.
Ich habe nichts dagegen und frage nach, ob es in Ordnung ist, dass Herr A. mit mir
die WG verlässt. Zu meiner Überraschung wird dem Wunsch von Herrn A. zuge-
stimmt. In dieser Situation wird auch nicht kommuniziert, dass er heute eigentlich
zum Kochdienst eingeteilt ist und bestimmte Aufgaben zu erfüllen hat. Später be-
gleitet Frau D. die Betreuungsperson beim Einkaufen. Beim Kochen der von Herrn
A. gewünschten Würstel wird er ebenfalls nicht eingebunden.
In diesem Fall aber verliert der Kochdienst seinen Sinn, denn die Botschaft lautet:
Kochdienst ist zwar schön und gut, aber eigentlich handelt es sich nur um ein un-
verbindliches Angebot, das angenommen oder abgelehnt werden kann.
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