Jahresbericht 2013 - page 14

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Physisches Wohlbefinden
In diesem Abschnitt geht es um den Gesundheitszustand der BewohnerInnen, der
alle weiteren Wohlbefindlichkeitsebenen stark beeinflusst.
Medikamenteneinnahme
Alle BewohnerInnen müssen regelmäßig Medikamente einnehmen. Diese wirken
sich im Normalfall positiv auf ihr soziales, aktivitätsbezogenes und emotionales
Wohlbefinden aus. Es bedarf einer genauen Dosierung, die von FachärztInnen
in enger Zusammenarbeit mit den Betreuungspersonen vorgenommen wird, um
eine vergleichsweise hohe Lebensqualität gewährleisten zu können. Die gewis-
senhafte Abgabe der Medikamente spielt daher im Betreuungsalltag eine zentrale
Rolle.
Wie aus dem Protokoll vom aktuellen Erstbesuch ersichtlich, fällt es im Betreu-
ungsalltag nicht immer leicht dafür zu sorgen, dass alle BewohnerInnen die für sie
vorbereiteten Medikamente lückenlos einnehmen.
Welche Pannen vorkommen können, deutet der folgende Ausschnitt aus dem Be-
obachtungsprotokoll an: „Frau R. wird um halb sieben Uhr geweckt, will vom Auf-
stehen aber noch nichts wissen und kommt erst eine knappe Stunde später fertig
angezogen ins Wohnzimmer. Hier will die Betreuungsperson ihr das Zähneputzen
nahelegen, doch Frau R. drängt es in die Küche. Dort bekommt sie ein Brot. Sie
hat nur kurze Zeit zu frühstücken, weil sie gemeinsam mit Frau A. kurz nach halb
acht Uhr vom Fahrtendienst abgeholt wird. In diesem kleinen Zeitfenster werden
Frau R. die Medikamente zum Einnehmen überreicht. Dabei fällt eine Tablette
zu Boden, sie wird gefunden, beim zweiten Versuch klappt es. Beim Nachtrinken
kontrolliert die Betreuerin genau ihre Mundhöhle, ob tatsächlich alle Tabletten
geschluckt worden sind. Als Frau R. aus dem Haus ist, erzählt die Betreuungsper-
son, dass sie mit dem gegenwärtigen Ablauf in der Früh sehr zufrieden ist. Sie hat
schon Zeiten erlebt, als Frau R. nicht aus dem Bett gekommen ist. Durch eine klei-
ne Umstellung der Medikation ist Frau R. am Morgen nicht mehr so antriebslos.
Frau R. redet auch mehr als früher.
Vor vier Jahren wurde die Aufgabe der Einschachtelung der Tabletten in Wochen-
spendern den Apotheken übertragen. Inzwischen funktioniert die Auslagerung
des Einschachtelns sehr gut und ist in allen Einrichtungen, in denen Menschen
mit Behinderung betreut werden, üblicher Standard.
Mit der Verlagerung des Einschachtelns der Medikamente in die Apotheken gibt es
einen Fehlerbereich weniger. Allerdings kommt es ab und zu auch in der Apotheke
zu Verwechslungen, die jedoch aufmerksamen Betreuungspersonen gewöhnlich
auffallen und korrigiert werden können. Mit einer genauen Fehlerdokumentation
und konkreten Vorschlägen, wie Pannen bei der Medikamentenabgabe vermie-
den werden können, kommt es zu einer wichtigen Sensibilisierung der Betreu-
ungspersonen und somit zu einer Fehlerreduktion in diesem wichtigen Bereich.
Hygiene
Ein Problem stellt die Sicherstellung der Mundhygiene im Betreuungsalltag dar.
Wie aus dem kurzen Protokollausschnitt ersichtlich, gelingt das Zähneputzen am
Morgen nicht immer so wie es geplant ist. Am Abend funktioniert es grundsätz-
lich besser, weil der Zeitdruck des Abholens durch die Fahrtendienste wegfällt.
Den Betreuungspersonen kann dabei keine Nachlässigkeit zugeschrieben werden.
Im Betreuungsalltag zeigt sich, dass die BetreuerInnen sehr bemüht sind, dieses
Problem in den Griff zu bekommen. Um eine gute Übersicht über die Zahnhygiene
zu bekommen, wurden für alle BewohnerInnen Zahnputzbecher mit Namenauf-
schrift angeschafft, die neuerdings im Waschraum der Betreuungspersonen auf-
bewahrt werden. Vor dieser Neuerung gab es das Problem, dass die BewohnerIn-
nen erstens die Zahnpasta in großen Mengen aus der Tube gedrückt haben und es
zweitens keine Übersicht gegeben hat, wer die Zähne geputzt hat und wer nicht.
Aus hygienischen und auch ökonomischen Gründen ist diese Neuerung somit eine
echte Verbesserung.
Probleme gibt es auch mit dem Zustand der Zähne bei einzelnen BewohnerInnen.
Überrascht war ich als ich Frau N. das erste Mal nach vier Jahren wieder begeg-
nete und sie mich mit einem nahezu zahnlosen Oberkiefer anlächelte. Damals
hatte sie gerade einen neuen Zahnersatz bekommen und sich sehr über das damit
verbundene schönere Äußere gefreut. Wie ich jetzt erfahren musste, hat Frau N.
eines Tages ihre dritten Zähne nicht mehr gefunden und da die Krankenkassa beim
Zahnersatz eher auf der finanziellen Bremse steht und Frau N. wenig Geld zur
Verfügung hat, konnte erst nach zwei Jahren wieder ein neuer Antrag erfolgreich
eingereicht werden. Wieder muss Frau N. sich einen Abdruck machen lassen und
wieder freut sie sich auf die neuen Zähne, die sie bald bekommen wird. Um der
Prothese eine längere Lebensdauer zu sichern, sind die Betreuungspersonen dazu
übergegangen, Frau N. die dritten Zähne immer nur zu bestimmten Anlässen zu
geben, wenn sie zum Beispiel einen Außentermin wie das Tanzen hat. So konnte
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