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immerhin erreicht werden, dass der Zahnersatz „erst“ nach zwei Jahren und nicht
schon nach wenigen Monaten, wie das früher der Fall gewesen ist, „verloren“
ging. Die Betreuungspersonen nehmen an, dass Frau N. die Prothese entsorgt.
Herr A. hat an Gewicht abgenommen, obwohl er meist gut und viel isst. Im ers-
ten Schritt wurde entschieden, seine Zähne zu untersuchen und in einem zweiten
eine Durchuntersuchung bei einem Internisten zu organisieren. Vielleicht gibt es
organische Gründe, die zu einer Gewichtsreduktion führen. Noch während mei-
nes Aufenthaltes stellte sich heraus, dass seine Zähne tatsächlich nicht in Ordnung
sind. Es wurde vereinbart, sie demnächst unter Narkose sanieren zu lassen.
Herr F. will ebenfalls eine Zahnprothese bekommen, er verfügt insgesamt nur
mehr über drei Zähne. Herr F. sieht darin den Vorteil, sich nicht lange mit dem
Zähneputzen aufhalten zu müssen. Sein äußeres Erscheinungsbild wird von zwei
kompletten Zahnreihen sehr profitieren, zumal er mit seinem besonderen Charme
gerne so manche Frau für sich einnehmen möchte.
Auf Hygienemaßnahmen wird in der WG hoher Wert gelegt. Nach jedem Vollbad
wird die Badewanne komplett gereinigt und desinfiziert, um für höchstmögliche
Sauberkeit zu sorgen.
Frau R. nimmt zweimal in der Woche ein Vollbad. Dabei werden ihre Haare mit
einem medizinischen Shampoo, das gegen ihre Schuppenflechte wirkt, gründlich
gewaschen. Herr C. genießt nach wie vor das Baden in der Wanne. Es gibt keinen
Tag, an dem er nicht badet. Bereits nach dem Aufstehen in der Früh führt sein
erster Weg ins Bad. Auch wenn er von der Arbeit nach Hause kommt, genehmigt
er sich meist ein Vollbad. Selbst Frau P., die in der Nacht oft einnässt, nimmt am
Morgen nach dem Aufstehen das Bad gerne an, am Abend bevorzugt sie allerdings
eher eine Katzenwäsche.
Nach dem Kochen und Essen wird die Küche gereinigt. Der Geschirrspüler wird
aufgefüllt und eingeschaltet. Das saubere Geschirr wird in die dafür vorgesehenen
Kästen geräumt.
Prophylaxe
Vor vier Jahren wurde erkannt, dass Frau N. nicht mehr alleine in die Tages-
struktur fahren konnte. Die Betreuungspersonen waren alarmiert, weil Frau N.
vermehrt mit Fußverletzungen in die WG gekommen ist. Beim anschließenden
Observieren musste mit Bestürzung festgestellt werden, dass Frau N. bei „Rot“
über die Straße ging und dabei Leib und Leben riskierte. Bei diesen gefährlichen
Straßenüberquerungen kam es zu Fußverletzungen, weil Autos oft nicht recht-
zeitig bremsen konnten. Die Betreuungspersonen mussten regelmäßig Heilsalben
auftragen, kaum war eine alte Wunde verheilt, kam es zu einer neuen Verletzung.
Zusätzlich verrichtete sie auf Verkehrsinseln ihre kleine Not und erregte dadurch
öffentliches Ärgernis.
Danach wurde Frau N. in freundlichen Worten nahe gelegt, in Zukunft mit einem
„Taxi“ in die Arbeit zu fahren. Sie ist stolz auf ihre Selbstständigkeit und hätte bei
einer anderen Formulierung partout keinen Fahrtendienst akzeptiert. Ihre Fußver-
letzungen gehören seither der Vergangenheit an.
2009 hatte Herr A. große Schmerzen beim Gehen. Dies dürfte auch der Grund ge-
wesen sein, dass er bei Ausgängen öfters einen epileptischen Anfall vortäuschte,
um so daheim bleiben zu können. Damals wurde sein Verhalten als eine von ihm
bewusst herbeigeführte Strategie interpretiert, um einmal mit einer Betreuungs-
person allein in der WG zu sein.
Die Schmerzen wurden aber immer größer und Herr A. war bereits auf dem bes-
ten Weg ein Pflegefall zu werden. Nach einer komplizierten aber letztlich erfolg-
reichen Hüftoperation mit schwieriger anschließender Rehabilitation ist Herr A.
wieder weit von einer Mobilitätseinschränkung entfernt und bewegt sich inzwi-
schen wieder ohne Probleme. An das Tragen eines Helmes hat er sich auch schnell
gewöhnt. Vor vier Jahren trug er noch häufig Kopfverbände. Damals wurde be-
schlossen, seinen Kopf mit einem Helm zu schützen, der mittlerweile zu seinem
Markenzeichen geworden ist.
Herr F. ist ein passionierter Raucher, der jede volle Stunde, von 7.00 Uhr in der
Früh bis 21.00 Uhr am Abend, eine Zigarette raucht. Diese Dosierung passiert zwar
vor allem aus finanziellen Gründen, hat aber auch eine prophylaktische Wirkung,
da so seine Bronchien zumindest etwas weniger belastet werden.
Insgesamt trägt das kollektive Aufbewahren der Zigaretten in einem Schrank, der
nur von Betreuungspersonen geöffnet werden kann, dazu bei, dass weniger ge-
raucht wird. Die neue Bewohnerin wollte diese Bevormundung anfangs nicht ak-
zeptieren, doch da sie nach wie vor jederzeit eine Zigarette rauchen darf, wenn
sie Lust dazu hat, lernte sie diese Regelung anzunehmen. Die Tatsache, dass sie
zuerst eine Betreuungsperson bitten muss den Schrank aufzusperren und sie sich
weiters auf die Terrasse begeben muss, weil nur hier geraucht werden darf, re-