Jahresbericht 2013 - page 56

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nerInnen zum Leuchten zu bringen. Welche Voraussetzungen für die Erreichung
dieses Ziels gegeben sein müssen, ist Gegenstand des folgenden Berichts.
BewohnerInnen mit engem Bezug zu ihren Angehörigen
Dass sich Frau F. etwas häufiger als früher in ihrem eigenen Zimmer aufhält und
sich dort gut zu beschäftigen weiß, entspricht dem Wunsch ihrer Schwester, die
seit Beginn des Umzugs in die neue WG zu Frau F. einen regelmäßigen Kontakt
hat. Bereits nach den ersten Besuchen hat Frau F. die besondere Zuwendung ihrer
Schwester mit den Worten: „Pfiat di“ gedankt. Über diese Reaktion von Frau F. hat
sich ihre Schwester sehr gefreut. Aus dem Protokoll aus dem Jahre 2010: „Pfiat di“
hat sie gesagt. Anfangs traute ich meinen Ohren nicht. Das habe ich als großarti-
ges Geschenk empfunden, das man sich nicht kaufen kann. Im Normalfall spricht
meine Schwester nicht.“
Die Fortschritte bei der Kontinenz hängen bei Frau F. augenscheinlich mit der ge-
stiegenen Aufmerksamkeit und somit Zuwendung zusammen. Gelingt es ihr nicht
jemanden zu finden, der ihr die CD wechselt, macht sie sich nass. Auf diese Weise
hat sie mittlerweile erreicht, dass sie in den meisten Fällen eine Betreuungsper-
son antrifft, die ihr die CD wechselt und gleichzeitig die Tür zum WC öffnet. Das
Prinzip lautet: Gibst du mir, so gebe ich dir.
Die Eltern von Herrn S. kamen am Anfang jeden Mittwoch und am Wochenende,
jetzt nur noch zeitweise auf Besuch. Besonders zu Beginn der Übersiedlung vom
OWS in die WG gab es Spannungen, die in der Aussage gipfelten: „Hier herrscht
ein Regime wie in der DDR.“ Die Ursache dieser harten Äußerung war das Be-
suchs- und das Auskunftsverbot. Die BetreuerInnen wussten, dass die Beziehung
zwischen Herrn S. und seinen Eltern nicht unproblematisch ist. Sie haben die El-
tern daher gebeten, ihren Sohn während der ersten zwei Wochen nicht zu besu-
chen, damit Herr S. sich in der neuen Umgebung einleben kann. Im Verlauf der
folgenden Begegnungen erkannten die Eltern von Herrn S. aber, dass sich ihr Sohn
in der neuen Umgebung wohlfühlt.
Frau O. hat wenig bis keinen Kontakt zu ihren Eltern. Zu Weihnachten freut sie sich
über ein Paket von ihnen. Über ihr besonderes Interesse an ihrer Muttersprache
Chinesisch drückt sie ihre emotionale Verbindung zu ihren Eltern aus. Die Betreu-
erInnen unterstützen ihr Interesse an der chinesischen Kultur und haben ihr einen
regelmäßigen Besuchsdienst chinesisch sprechender Studentinnen organisiert,
der für Frau O. jedes Mal einen besonderen Höhepunkt in der Woche darstellt.
Diese Maßnahmen haben auch dazu beigetragen, dass Frau O. von einer labilen
zu einer starken Persönlichkeit heranreifen konnte.
Frau E. hat, wie bereits an anderer Stelle beschrieben, ein enges Verhältnis zu
ihren Eltern, die sie jedes Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonnabend bei
sich aufnehmen. Frau E. hat durch den engen Kontakt zu ihren Eltern das Leuch-
ten in ihren Augen. Eine Verhaltensänderung lässt sich dennoch nur in kleinen
Schritten nachweisen. Die emotionale Nähe zu ihren Eltern ist so dominant, dass
Frau E. auf die besondere Zuwendung der Betreuungspersonen nicht angewie-
sen ist. Frau E. weiß, dass sie, egal was sie macht, geliebt wird. Zuhause wird ihr
abweichendes Verhalten hingenommen, in der WG setzt sie dieses „Spiel“ fort.
Frau E. ist nicht aggressiv, sie agiert so, als sei die Welt nur für sie geschaffen und
in der sie tun und lassen kann, was sie will. Hier zeigt sich die große Macht der
emotionalen Zuwendung der Eltern, deren Erziehungsmuster stärker wirkt als alle
anderen noch so gut gemeinten pädagogischen Ansätze.
Die geschilderte Szene mit Frau F., die mir ungeniert ihre primären Sexualmerk-
male zeigen wollte, weist auf ein weiteres Problem hin. Das Bedürfnis nach Sexu-
alität lässt sich nur mit Zustimmung von Eltern oder Personen, die die Sachwalter-
schaft haben, befriedigen. In der WG Karree St. Marx konnte mit den Eltern von
Herrn W. darüber gesprochen und eine Vereinbarung getroffen werden. So wird
gerade eine Assistenzleistung von SexualtherapeutInnen organisiert, die Herrn W.
Anleitungen zur erfolgreichen Selbstbefriedigung geben werden.
Dass das Bedürfnis nach sexueller Betätigung vorhanden ist, zeigt sich nicht nur
bei Herrn W., der sich in eindeutiger Absicht MitbewohnerInnen aber auch Be-
treuerInnen in der Vergangenheit wiederholt näherte. Frau O. mag ebenfalls aus
diesem Grunde lieber Männer als Frauen als Betreuungspersonen. Herr S. zeigt
offen seine starken sexuellen Bedürfnisse. Aus dem Protokoll: „Herr S. versucht
wiederholt sich jungen Betreuerinnen in sexueller Absicht zu nähern. So zieht er
sich oft nackt aus, greift sich in die Hose und berührt auch gezielt BetreuerInnen,
die ihm bei der Körperpflege nahe kommen, ‚unsittlich‘. Eine erfahrene Betreu-
ungsperson meint, dass es einige junge Kolleginnen nicht schaffen, sich deutlich
abzugrenzen und zu sagen: Ich will mich von niemandem Fremden im Intimbe-
reich berühren lassen, egal ob diese Person behindert ist oder nicht.“
Wie diese Ausführungen zeigen, ist Sexualität unter den BewohnerInnen ein gro-
ßes Thema. In enger Kooperation mit den Eltern bzw. rechtlichen VertreterInnen
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