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Da gibt es sicher noch Sachen, die wir uns genauer anschauen
sollten, die verbesserungswürdig sind.
Andererseits haben wir auch versucht, uns als sehr transparente
Organisation zu positionieren, mittels Prüfung unserer Finanz-
gebarung für das Spendengütesiegel. Das war mir ein wichtiges
Anliegen. Die Steuerbefreiung für Spenden haben wir auch
geschafft.
Für mich ist es wichtig, wenn es irgendwelche externe Güte-
siegeln gibt, die etwas über die Qualität und Inhalte unserer
Arbeit aussagen, dass wir das auch haben. Ein Anliegen von mir
wäre auch noch, dass wir uns mehr im ökölogischen Bereich
wichtig machen: das beginnt bei einer guten und gesunden
Ernährung unserer Leute. Dann sollten wir darauf schauen, dass
unsere Einrichtungen keine Energieschleudern sind, dass unsere
Einrichtungen auch zeitgemäß modern sind, dass die Hygiene
nicht zur Chemiekeule ausartet etc. Ein Projekt, mit dem wir
schon länger schwanger gehen, ist ein Null -Energiehaus, das
wir gerne betreiben möchten. Es geht darum die Lebens- und die
Wohnqualität für unsere Leute, die wir betreuen, möglichst hoch
anzusetzen und dabei auch Kosten zu minimieren. Das ist immer
wieder ein Disput mit unseren Geldgebern, die leider immer wie-
der versucht sind, in Legislaturperioden zu denken und nicht in
langfristigen Geschichten.
Wenn ich jetzt von mir ausgehe: wahrscheinlich will ich so etwa
zehn Jahre noch für Auftakt arbeiten – einfach auf Grund meines
Alters - und wenn die nächste Generation Auftakt übernimmt, will
ich das so hinterlassen, dass Auftakt gut lebensfähig ist und eine
attraktive Braut oder hübsche gesunde Tochter ist. Es muss ein-
fach abgesichert sein für die Leute, die wir betreuen. Es hat bei
uns schon einmal die Diskussion gegeben wie es auch weiter
gehen könnte, aber es fehlt uns derzeit die Phantasie wie das im
österreichischen Rechtssystem möglich wäre, in zehn Jahren
etwa zu sagen, wir schenken den ganzen Laden unseren
Bewohnerinnen und Bewohnern, die sind dann Eigentümer
der Organisation, die sie betreut! Aber das ist alles noch
Zukunftsmusik.
Der Spagat
Dass man sich die Betreuung selber organisiert, ist jetzt schon
Realität. Dass aber hundert Menschen gemeinsam eine eigene
Firma haben, das kann ich mir schon sehr spannend vorstellen,
das würde sicher einiges an Diskussions- und Erklärungsbedarf
erfordern. Ja, das könnte ich spannend finden.
In finanzieller Hinsicht haben wir faire Partner und gute
Konditionen. Es hat zwar die letzten Jahre ständig unter-
inflationäre Abgeltungen gegeben, aber durch die sanfte
Expansion konnten wir uns das leisten. Bisher haben wir alles gut
abgefangen und ausgeglichene Jahresergebnisse geliefert, was
ja auch im Sinne der Gemeinnützigkeit ist.
In der Behindertenarbeit wird sich in der Zukunft schon noch
einiges ändern. Es ist jetzt erst ein Gesetzesentwurf auf den Tisch
gekommen mit dem ungefähren Inhalt: wenn du drei Ein-
richtungen als Behinderter verbraucht hast, giltst du als unbetreu-
bar, dann kriegst du keinen vierten Versuch mehr. Und da denke
ich mir, das sind harte, inakzeptable Ansätze. Wenn der
Gesetzgeber das wirklich so meint, wenn der Gesetzgeber
wirklich solche Formulierungen äußert, dann wird mir schon ein
wenig schummrig. Gerade wir haben viele Leute, die schon drei
und mehr Plätze verbraucht haben. Wenn alle diese Leute keinen
x- ten Versuch gehabt hätten, dann bräuchte man Auftakt nicht
oder nicht mehr.
Grundsätzlich glaube ich, dass Behindertenarbeit immer Aufgabe
der öffentlichen Hand sein muss, gerade im zur Zeit acht-
reichsten Land der Welt. Denn der Spagat wäre sehr schwierig:
auf der einen Seite die Spendenweltmeister, die die Österreicher
angeblich sind, zu Spenden zu motivieren und auf der anderen
Seite eine professionelle zeitgemäße Behinderten- oder
Sozialarbeit zu leisten. Da sind wir schnell im Widerspruch.
Wie sollten wir unseren BewohnerInnen erklären, dass sie einen
Rechtsanspruch auf Leistung haben, dieser aber derzeit noch
nicht umsetzbar ist, weil noch ein wenig Zeit vergehen muss bis
die notwendige Spende auf dem Konto ist. Auf Almosen zu
warten, um mir mein Leben leisten zu können, ist nicht sehr
menschenwürdig.
Wir haben bis jetzt versucht, unsere Arbeit nicht zu extrem von
Spenden abhängig zu machen. Wir haben aber begonnen,
uns mit Öffentlichkeitsarbeit auseinander zu setzten und hoffen
auf einen angenehmen Nebeneffekt, der in Form von Spenden
über uns hereinbricht. Primär wollen wir Bewusstsein für unsere
Existenz und unsere Arbeit schaffen. Denn es darf nicht sein,
dass die Behindertenarbeit auf der Strecke bleibt, dass die
Behindertenarbeit aus dem Bewusstsein verschwindet.
Unsere Gesellschaft sollte es sich nicht leisten, das Problem zu
privatisieren.
In diesem Sinne ist es wünschenswert, wenn es Auftakt in zehn
Jahren noch immer in der gleichen Größe und Qualität gibt! Ich
hoffe, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne bei
Auftakt arbeiten und die Arbeit weiter so machen können wie
sie es derzeit tun! Und in weiterer Folge hoffe ich, dass die
Bewohnerinnen und Bewohner bei uns nicht Gefahr laufen,
dass sie auf Grund von Geldknappheit von Auftakt nicht mehr
betreut werden können und auf der Straße stehen.