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rigkeiten hat sie auch noch ihre Muter nach einem Schlaganfall zwölf Jahre lang gepfegt. Und stand dann schließlich mit etwa 50 Jahren wieder vor einem Ar-beitsplatzwechsel. „Im Behindertenbereich habe ich geglaubt, dass Alter keine Rolle spielt. Aber das Gegenteil war der Fall!“
Dann begann ihr beruficher Lebensweg bei Aufakt: „Ich hate null Erfahrung mit psychisch Kranken. Das war für mich eine neue Erfahrung. Früher in der Werkstat, da habe ich einmal ein Konzept gemacht und im Jänner hast du gewusst, was du im Dezember machen wirst! Und der Rest wie Medikatonen, Arztbesuche und Kleidung etc. sind dich nichts angegangen.“
Hier, in diesem privaten Lebensbereich der Klientnnen und Klienten, geht es ganz anders zu: „Ich habe mir gedacht, das lerne ich nie. Jeden musst du anders be-handeln, der bekommt dann seine Zigareten, der oder die dann die Medikamen-te. Der darf das nicht essen. Anderes soll er oder sie wieder essen. Wenn die nach Hause kommt, musst du das und das mit ihr machen. Oder ein Arztbesuch steht an. Ich war am Anfang ziemlich überfor-dert!“ Kein Wunder, wohnen doch in einer Wohngemeinschaf rund zehn Menschen mit Behinderungen.
Da war dann auch ihr unbekümmerter Umgang mit den Menschen. M. und E. waren große statliche Männer. „Da habe ich mir gedacht, denen drehe ich nie den Rücken zu, sie waren mir einfach unheim-lich!“ Eines Tages hat sie dann doch bei einem der beiden nachge-fragt, wie es ihm denn so geht. „Eine Kollegin hat gleich gesagt: wie redest du mit ihm, der ist hochpsychotsch!“ Aber er hat ganz nor-mal geantwortet. So einfach kann das Leben manchmal sein!
Das geschenkte Häferl
Und da war dann auch Frau B. „mit der ich viel Spaß gehabt habe!“ Aber mit 42 ist sie gestorben an einem Herzanfall. „Sonst war sie der totale Hypochonder, aber das hat man anscheinend nie untersucht. Wir haben einen Verband anlegen müs-sen, wenn sie nur gesagt hat, dass es ihr irgendwo weh tut. Ihr Leben war mit 42 Jahren einfach fertg. Eine reife Persönlichkeit! Das hat mich lange beschäfigt!“ Hausverbote rund um die Werkstat, wo sie gearbeitet hate, weil sie gestohlen hat, was nicht niet- und nagelfest war, war die eine Sache. Ihr gutes und großzü-
giges Herz, war die andere Seite der Medaille: „Wenn ich zu ihr gesagt habe: du hast aber einen schönen Pullover an, hat sie ihn einfach ausgezogen, wollte ihn mir geben und hat gesagt: Kannst ihn haben!“
Ihre Muter habe sie immer als langhaarige Blondine gesehen, was aber gar nicht zu ihr passte. „Sie war eher der defige Typ!“ Und da sie krankheitsbedingt kein einziges Haar am Körper hate, war das Erscheinungsbild ja mitels Perücken je-derzeit zu korrigieren. Doch: “B. war so schlampig, dass die Perücken jedes Mal so ausgesehen haben, als ob sie damit den ganzen Boden aufgewischt häte!“ Im Gedränge der U-Bahn verrückte die Perücke bis zur Peinlichkeit – was aber den Zuschauern peinlicher war als der Trägerin: „Wir haben da immer unseren Spaß gehabt. Peinlich war es ihr nie!“ Mit so einer bunten Truppe sei man ohnehin im-mer aufgefallen.
B. war auch sonst eine agile Person, erinnert sich Christl:“Sie war viel unterwegs. Hate wieder einmal ihren Schlüssel verlegt. Da steht sie vor der Türe mit einem eindeutg Obdachlosen, der betrunken war und gestunken hat. ‚Videoschauen wollen sie‘, hat sie gesagt. Da hab ich ihn angebrüllt, dass er verschwinden soll. Und weg war er! Wär‘ er rabiat geworden und hät‘ mir eine geschnalzt, dann wäre ich weggewesen.“
Christl gehört eben nicht gerade zu den Menschen, die sich schnell fürchten. Für sie war B. – und das taucht in den Erzählungen immer auf – kein behinderter Mensch, sondern eine große Persönlichkeit und ein lustger Mensch. Und großzügig: „Von einem Ausfug hate sie mir ein kitschiges, bedrucktes Häferl aus Mariazell als Geschenk mitgebracht. Pfichtbewusst habe ich mich gefreut. Und ein klein wenig später kommt sie zu mir und sagt: ‚Ich geh jetzt zur Mama, für die hab ich kein Geschenk, das Häferl musst mir wieder geben …‘ “
Herr A. will nach Hause
Herr A. ist auch in ihrer Zeit gestorben: „Der hat immer am Abend seine Zeit ge-habt, in der man gut mit ihm reden konnte. Er hat immer angenommen, dass wir eine Familie waren. Ich die Muter und die beiden jungen Kollegen Tochter und Sohn und wir häten ihn aufgenommen, weil wir so net sind.“ Herr A. hat Christl
Fortsetzung Seite 30
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