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Wenn Regina Kaplan einmal vom Zusammenleben in ihrer Wohngemeinschaf re-det, ist sie fast nicht mehr zu stoppen und auch Geschichten und Geschichtchen wüsste sie Tausende zu erzählen. Eine bunte Schar unterschiedlicher Charaktere im Alter von 20 bis 60 Jahren betreut sie mit ihrem Team. So groß die Spannweite des Alters, so unterschiedlich auch die Arten der Behinderungen. Das gemein-same Leben läuf sehr gut: „Zum Beispiel achten die, die sprechen können, auf die, die nicht sprechen können. Und sie verstehen sie auch besser, weil sie sie meist lange kennen und wissen, was mit gewissen Äußerungen gemeint ist.“ Also alles palet?
Eigenwillige Konversatonen
Da kommen wir zum eingangs ziterten Wörterbuch, das der Kom-munikaton zwischen den BetreuerInnen und zwei Bewohnern dient. Man weiß nicht mehr genau, wer wann damit begonnen hat, wahrscheinlich einmal ein Bezugsbetreuer. Vom Team werden diese
Wörterbücher fortgeführt und laufend ergänzt. Es gibt immer neues Vokabular.
Die Einrichtungsleiterin erzählt zum besseren Verständnis folgende Geschichte: „Eine Klientn kam einmal zu mir und wollte mir mitels guturalen Lauten in Kom-binaton mit gespreizten auf und zu schnappenden Fingern und einem deutlich vernehmbaren ‚Ü‘ etwas miteilen. Eine andere Klientn stand daneben und hat diese Szene beobachtet. Ich habe aber auch nach einigen Wiederholungen nicht verstanden, was sie von mir will!“ Den scheinbar gordischen Knoten löste die un-beteiligte Zuschauerin: „Der Müller kommt, das ist der Fußpfeger!“ Alles klar in der Kommunikaton? Die Klientn habe dann in der folgenden Zeit immer wieder getestet, ob diese eigenwillige Konversaton bei Regina gespeichert war. Kontrolle ist eben alles. Kommunikaton ist das Wichtgste im Alltag!
„Wir haben seit der Urlaubsakton auch ein neues Wort, das im Alltag seinen Platz gefunden hat: ‚gona‘ – mit der Doppelbedeutung ‚Guten Morgen!‘ und ‚Pferd‘!“ So hat das Wörterbuch wieder Zuwachs bekommen und die Sprache ist um eine Facete reicher. Dass es im Urlaub außerdem keine Probleme gegeben hat, die es sonst gibt, ist – ganz nebenbei bemerkt – ein Indiz dafür, wie wichtg Urlaubsak-
tonen sind!
Mit kommunikatven Problemen ganz anderer Art kämpf das Team, wenn es um die Beschreibung des Alltags mit den KlientInnen geht - wichtg für die Dokumentaton, lästg für den Einzelnen! „Die Din-ge, die wir im Alltag erleben, sind nicht immer einfach in Worte zu fassen. Wenn zum Beispiel der FSW in den Dokumentatonen unsere Einträge liest, fangen sie damit nichts an, weil sie unsere Sprache nicht verstehen. Wir verstehen uns, weil wir auch zwischen den Zei-len lesen können. Und so entsteht dabei auch manchmal eine un-freiwillige Situatonskomik.“
Oder fängt jemand etwas mit folgendem Eintrag an: „S. hat sich heute nicht am Kopf geschlagen. Ein Wunder!“ Außenstehende könnten nun meinen, dass es sich dabei um Autoaggression handelt. Eingeweihte wissen, dass es bei dieser Klientn mit dem Leiberl-Wechsel gut geklappt hat. Aber das ist eine andere Geschichte.
Fehler machen dürfen
„Missverständnisse“ treten nicht nur in der Kommunikaton mit der Außenwelt auf. Auch intern sollte man, so Kaplan, „öfer seine eigenen Vorurteile hinterfra-gen, denn wenn man in einer Wohngemeinschaf zu arbeiten beginnt, bekommt man ja Geschichten erzählt, die anfangs durchaus wichtg sind. Aber ab und zu sollte man dann seine eigene Landkarte wieder blank machen und versuchen, die
Blanke Landkarte
Von Wörterbüchern als work in progress, ofenen und geschlossenen Türen und von dem Mut, sich immer wieder selbst zu hinter-fragen ist der Alltag einer Wohngemeinschaf geprägt. Beispielhaf erzählt Einrichtungsleiterin Mag. a Regina Kaplan von den Hö-hen und Tiefen im Betreuungsalltag und verrät auch, warum sie nach mehr als 20 Jahren im Sozialbereich noch immer Spaß an der Arbeit hat.
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