Das ist das Logbuch einer Urlaubsaktion, die durch die Unterstützung der Österreichischen Lotterien ermöglicht wurde
Vorspann
Sallingberg im Waldviertel – das ist Urlaub, das ist Familie Schierhuber, das sind Erinnerungen für die, die schon dabei waren und es sind für das Team die bisher sehr guten Erfahrungen. Auch in der Rückmeldung unserer Klienten/innen. Es ist bereits das dritte Mal, dass wir dorthin fahren. Und es wird sicher nicht das letzte Mal sein …
Der „Ferienbauernhof Schierhuber“ ist zwar nicht zu hundert Prozent barrierefrei, aber das nehmen wir gerne in Kauf – die anderen Vorzüge wiegen das auf. Ob es die Nähe ist (es sind rund 120 km von Wien aus), das Essen ist, die Freizügigkeit, mit der wir uns dort bewegen können, die Angebote im und um den Ferienbauernhof, die Gegend selbst, es passt alles.
Wenn das Wetter passt.
Und das hat bisher immer gepasst.
Wir haben versucht, hier einfach einmal alles aufzuschreiben, was so zu einer Urlaubsaktion dazu gehört, von den Vorbereitungen über die Urlaubstage selbst bis zu den Nachbereitungen. Und was unsere zehn Klienten/innen und die vier Betreuer/innen während ihres Aufenthaltes im Waldviertel alles getrieben haben.
Die langfristigen Vorbereitungen
die Urlaubsaktion wird (bereits im Vorjahr geschehen) geplant, kalkuliert und intern beantragt
die Zustimmungen bei den einzelnen Sachwaltern werden anschließend schriftlich eingeholt
das Reiseziel wird gebucht
zwei Busse werden reserviert
das mitfahrende Betreuungspersonal wird festgelegt
Die kurzfristigen Vorbereitungen
Medikamente, Sonnenmilch etc. werden besorgt
die Wäsche wird gewaschen
die Koffer werden inkl. Hygienebedarf wie Windeln, Duschgel etc. gepackt
das Freizeitmaterial wie Spiele, Bälle, Schwimmhilfen, Fahrradhelme etc. werden gepackt
die Fahrräder werden kurz vor der Urlaubsaktion alle überprüft und gegebenenfalls gerichtet, die Beleuchtung gecheckt, die dafür notwendigen Akkus geladen und am Samstag vor der Urlaubsaktion separat nach Sallingberg gebracht
am Wochenende vor der Urlaubsaktion werden die Busse geholt, getankt und gepackt
Zusätzlich wird die Urlaubsaktion zusammen mit den Klienten/innen vorbereitet – hier das entsprechende Protokoll dazu:
KLIENTENTEAM-PROTOKOLL
Datum: 06.06.2010
Teilnehmer:
Michael Susanne
Petra Danijela
Paul Philipp
Manu Hana
Vom Team: Susanne, Reinhard
Top 1: Befindlichkeit & Wünsche, Anregungen, Beschwerden
Danijela: sagt zuerst „mir geht’s schlecht“, dann „Hand drücken“ und dann „mir geht’s gut“
Michael: sagt, dass es ihm gut geht.
Philipp: J
Petra: J *) freut sich auf die Urlaubsaktion
*) freut sich über die Betreuer
*) freut sich wenn sie den Betreuern helfen darf
*)freut sich wenn nächste Woche ihre Eltern kommen (Staubsauger bringen)
Manu Es.: „guat“ – weil schönes Wetter ist und man wieder viel machen kann
Hana: J „Ich freu mich dass ich bald mit Susi in einem Zimmer schlafe“
Paul: sagt „baba“ und zeigt auf seine Füße und auf den Dienstplan
Susi: J „gut, weil schönes Wetter ist“ – freut sich auf Sallingberg
TOP 2: Urlaubsaktion in Sallingberg
Vorschläge für Aktivitäten:
- Im Dunklen Radfahren
- Radfahren
- Grillen
- Traktor fahren
- Kutsche fahren
- Schwimmen
- Fußball spielen
- Ball spielen
- Karten spielen
- Tischtennis spielen
- Wasserschlacht machen
Ideen für Zimmeraufteilung bei der UA:
- Philipp mit Paul und Mario
- Susi mit Hana und evtl. Petra
- Manu Es. mit Manu S.
Möchte jemand für 1-2 Nächte im Zelt übernachten? – Ja!
- Susi
- Hana
- Philipp
- Petra
- Manu Es.
TOP 4: Zufriedenheit/Unzufriedenheit mit Betreuern:
Hana, Manu Es., Petra, Philipp und Susi meinen, dass sie mit den WG-BetreuerInnen und ihrer Arbeit zufrieden sind. Sie haben keine Änderungswünsche oder Beschwerden. Nur Petra meint, dass alle Betreuer in der Früh Stress machen. Und alle sind sich einig, dass sie am Wochenende gerne größere Mengen zu knabbern möchten.
Michael, Dani und Paul äußern sich nicht zu diesem Thema.
f.d.Protokoll: Susanne
Danach steht der Urlaubsaktion nichts mehr im Weg.
Was nun folgt, ist ein Abriss der Aktivitäten, die am Urlaubsort unternommen wurden.
Für alle Tage gilt, dass morgens erst einmal alle Klienten/innen, die Assistenz benötigen, diese in Form von Dusch- und Anziehhilfe erhalten, bevor nach der Medikamentenvergabe an die Klienten/innen ein ausgedehntes Frühstück die Lebensgeister weckt.
Da wir Halbpension gebucht haben, bekommen wir täglich am Abend ein leckeres Abendessen serviert – Frau Schierhuber gibt sich alle Mühe, dies abwechslungsreich und wohlschmeckend zuzubereiten, was ihr auch immer gelingt. Nach dem Essen werden dann täglich (wie auch morgens) die notwendigen Hilfen beim Duschen und Umziehen geleistet.
Zwischenbeschäftigungen wie ein wenig Fußball spielen, Federball, Frisbee, ein Besuch im Stall, Karten schreiben und … und … und … sind nicht extra erwähnt.
Montag, 28.06.2010
10:00 Uhr gemeinsames Frühstück in der Wohngemeinschaft
11:30 Uhr Abfahrt
13:30 Uhr Ankunft und Begrüßung durch die Familie Schierhuber; Busse ausräumen, Zimmer beziehen, Koffer auspacken, Einkauf des Notwendigsten im Supermarkt (Getränke, Knabbereien)
15:30 Uhr Wasserschlacht im Garten mit voluminösen Wasserpistolen, bei der kein Auge und auch sonst nichts trocken bleibt
Am späten Abend – es dunkelte bereits – begann dann das Highlight des Tages, die Fahrrad-Nachfahrt für alle, die dazu Lust und es sich gewünscht hatten. Es begann ganz normal wie ein Fahrradausflug in Wien, wurde dann aber jäh unterbrochen durch einen platten Reifen, der im Dunkeln geflickt werden musste. Der Wald hatte ein Einsehen und konzentrierte alle verfügbaren und im Dienst befindlichen Glühwürmchen an der Stelle, an der die Reparatur durchgeführt wurde.
Danach ging es weiter, doch niemand wusste mehr so genau, wo es eigentlich hinging, bis festgestellt wurde, dass man sich an und für sich verfahren hatte.
Es wurden dann insgesamt gute 15 Kilometer aus der Fahrt und um 00:30 Uhr kehrten alle erschöpft zurück. Wie, weiß man nicht so recht …
Es gab noch eine kleine Jause, etwas zu trinken und gute Wünsche für die Nacht …
Dienstag, 29.06.2010
Nach dem ausgedehnten Frühstück fuhren/liefen alle zum schwimmen zum Sallingberger Badeteich. Was bei den Temperaturen auch sehr angebracht war.
Später war der tägliche Einkauf fällig. Danach fuhr ein Teil der Klienten/innen mit dem Bus zum nahegelegenen Aussichtsturm, um diesen zu besteigen. Was immer damit verbunden ist, dass unser vom Rollstuhl abhängiger Klient den mühsamen Anstieg dorthin zu Fuss vollbringen muss – ein für ihn und uns schweißtreibendes Unternehmen. Aber die Aussicht lohnt sich … deswegen gerne immer wieder … Auf dem Rückweg sammelten alle Holz für das abendliche Lagerfeuer.
Zeitlich parallel gingen einige unserer Klienten/innen mit zwei Betreuerinnen mit den ferienbauernhofeigenen Pferden reiten.
Am Abend – die Romantik oder das Indianerfeeling nahm Einzug; ein großes Lagerfeuer zog alle bis spät in die Nacht in seinen Bann, auf wundersame Weise fand man köstliche Erdäpfel zwischen der Glut, die fantastisch zu den Würsteln am Stock gegrillt schmeckten …
Und M. fuhr Fahrrad auf der Straße vor dem Bauernhof, auf und ab, auf und ab, auf und ab …
Und es war die erste Nacht, in der vier unserer Klientinnen im Zelt auf Schierhubers Wiese übernachteten …
Mittwoch, 30.06.2010
Am Vormittag gab es die inzwischen berühmte Traktorfahrt mit Herrn Schierhuber in die nahe Umgebung – jedes Jahr ein lang erwartetes Ereignis. Quer durch den Wald und über die Felder, es gab wie immer viel zu sehen und zu kommentieren. Und alle wurden gut durchgerüttelt …
Die nachfolgende Erkundung einer Kletterwand verlief leider nicht zufriedenstellend – sie war für unsere Klienten/innen, die bereits erste Erfahrungen in der Halle an der künstlichen Kletterwand haben, ungeeignet.
Der Nachmittag wurde maritim – Bootfahren auf dem Ottensteiner Stausee. Die Gegend ist wunderschön, das Wetter hat gepasst – dieser Wassersportevent ist bereits Tradition auf der Sallingberger Urlaubsaktion. Ebenso das anschließende gemeinsame Eisessen …
Am Abend war relaxen angesagt – bis auf ein Rudel Unentwegter, die sich zum gemeinsamen Joggen zusammenfanden.
Und M. fuhr Fahrrad auf der Straße vor dem Bauernhof, auf und ab, auf und ab, auf und ab …
Donnerstag, 01.07.2010
Vormittags ging es noch ein Mal zum Sallingberger Badeteich, einfach nur ein wenig plantschen, schwimmen, andere nass machen …
Später fuhren alle nach Spitz an der Donau – ein wenig bummeln, spazieren gehen, alles ohne Hast … aber mit Einkehr in ein Gasthaus, eher ein Hotel mit Restauration. Und da geschah etwas Ungewohntes – nach dem Bezahlen bat der Herr des Hauses unsere Mitarbeiter zu sich und äußerte seine Freude über die ganze Mannschaft. Er wisse, wie das ist und was das bedeutet. Sprach‘s und strich einen großen Teil der Rechnung.
Danke…
Zeitgleich lief der Rücktransport eines Klienten nach Wien in die Wohngemeinschaft – eigentlich das einzig Negative dieser Urlaubsaktion. Die Situation innerhalb der Gruppe hatte sich durch sein ungewohntes und absolut gemeinschaftsuntaugliches Verhalten derart zugespitzt, dass dieser Schritt pädagogisch notwendig war, um allen anderen eine schöne und harmonische Restzeit zu gewährleisten.
Schade eigentlich …
Das Abendessen bestand aus den unvergleichlichen Grillereien der Frau Schierhuber, zog sich sehr in die Länge und ging über in eine gemütliche Runde mit vielen Knabbereien, lautem Erzählen und Limonade.
Und M. fuhr Fahrrad auf der Straße vor dem Bauernhof, auf und ab, auf und ab, auf und ab …
Freitag, 02.07.2010
Schon der letzte Tag! Da heißt es packen, alleine oder mit Hilfe, alles aufräumen, alle Zimmer kontrollieren, damit nichts liegen bleibt – der Vormittag ist gelaufen.
Und M. fuhr Fahrrad auf der Straße vor dem Bauernhof, auf und ab, auf und ab, auf und ab …
Am frühen Nachmittag war es dann soweit – Abschied nehmen von Familie Schierhuber, die Busse besteigen und ab ging‘s in Richtung Darwingasse. Dort angekommen mussten die Busse dann wieder ausgeräumt, die Koffer in die Zimmer, die allgemeinen Sachen in den Keller gebracht werden – viel Arbeit. Dafür gab‘s dann Pizza zum Abendessen, als Ausgleich …
Und M. konnte kein Fahrrad mehr fahren; auf der Strasse vor dem Bauernhof, auf und ab, auf und ab, auf und ab … leider …
Der Alltag hatte alle wieder.
Bis zum nächsten Jahr …
Die Zeit danach
Für das Betreuungsteam und die anderen Mitarbeiter/innen der WG wartet nun viel Arbeit, die sofort bzw. sehr zeitnah erledigt werden muss:
Busse zurück in die Zentrale bringen
die Abrechnung machen
Koffer auspacken, alles verstauen
Wäsche waschen
Abspann
Insgesamt war es eine für die Mitarbeiter/innen sehr anstrengende und für die Klienten/innen sehr erholsame Zeit, angefüllt mit vielen Aktivitäten, bei denen sich die Gruppe wieder einen Schritt näher kam.
Es sind zehn Menschen mit verschiedenen Behinderungen. Und sie legen Wert darauf, alle zusammen in Urlaub zu fahren, als eine Gruppe – das ist das Bewundernswerte, auch wenn es immer wieder zu kleinen Schwierigkeiten und Reibereien im Umgang miteinander kommt.
Und es sind vier Mitarbeiter/innen, die diese Menschen dabei begleiten, an fünf Tagen, rund um die Uhr. Neben den vielen Aktivitäten sind sie auch verantwortlich für das gesundheitliche Wohlergehen, dass alle Medikamente genommen werden und dass nichts und niemandem etwas „passiert“ usw. usw. usw. – eine Aufgabe, die alles fordert.
Trotzdem: wir werden auch 2011 wieder eine Urlaubsaktion durchführen!
Und wenn es nur deshalb geschieht, dass M. wieder Fahrrad auf der Straße vor dem Bauernhof fahren kann, abends, auf und ab, auf und ab, auf und ab …
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.