An kalten Winterabenden blättern wir sehnsüchtig in unserem Fotoalbum und erinnern uns gerne an eine gemeinsame Urlaubsaktion der Wohngemeinschaften Radetzkystraße und Dietrichgasse in Stubenberg am See, ermöglicht durch die Unterstützung der Österreichischen Lotterien. Urlaubsaufzeichnungen von Na Jeung Mi, Benjamin Schöberl, Carmen Stossfellner
Drei BetreuerInnen haben sich mit fünf KlientInnen aus zwei Wohngemeinschaften auf den Weg gemacht, um ein paar schöne Tage gemeinsam zu verbringen. Die Ausgangslage war einfach: In der einen Wohngemeinschaft leben einige Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung und ihrer psychischen Erkrankung sehr intensive Betreuung benötigen. Ihnen ist es oft sehr schwer möglich an Veranstaltungen oder Aktivitäten teilzunehmen, wo mehrere andere Menschen sind. Gleichzeitig leben dort auch vier Personen, die mehr Möglichkeiten hinsichtlich Ausflüge, körperlicher Betätigung, aber auch hinsichtlich kultureller Veranstaltungen hätten, was mit der Gesamtgruppe aber nicht möglich war.
In der anderen Wohngemeinschaft leben fünf Bewohner in der Kern-WG und fünf Personen in angeschlossenen Einzelwohnungen. Die Schere des Betreuungsbedarfs der zehn Bewohner geht aufgrund ihrer Fähigkeiten, Interessen und Fertigkeiten sehr weit auseinander. Es war in den vergangenen Jahren nicht möglich eine Urlaubsaktion zu gestalten, die für die Bewohnerinnen aufgrund des daraus resultierend notwendigen Betreuungsschlüssels finanzierbargewesen wäre. Die meisten BewohnerInnen verfügen auch nicht über die finanziellen Möglichkeiten.
Gerade für die Aktiveren der beiden Wohngemeinschaften ist nun eine gemeinsame WG-übergreifende Urlaubsaktion von unschätzbarem Wert im Sinne des Teilhabens am normalen gesellschaftlichen Leben. Finanziert wurde diese Aktion von den Österreichischen Lotterien.
Montag
Morgens halb acht in der Dietrichgasse. Es wirkt wie ein gewöhnlicher Start in eine neue Woche. Doch etwas ist anders. Drei BewohnerInnen der WG haben ihre Koffer fertig gepackt und machen sich bereit, in eine erholsame Urlaubsaktion zu starten. Sie warten heute mal auf einen ganz anderen „Fahrtendienst“, nämlich den Bus des Seehotels. Ganz planmäßig verlief der Start in die Oststeiermark zwar nicht ganz, denn die Abholung verzögerte sich um ein paar Stunden. Das wirkte sich jedoch keineswegs auf die gute Laune der BewohnerInnen aus. Dann war es endlich so weit: Die Stimmung während der Fahrt, die knapp zwei Stunden dauerte, war sehr heiter, positiv und steigerte sich noch durch aufklarendes und sonniges Wetter.
Im Familien- & Seminarhotel Erla in Stubenberg/ See angekommen, trafen wir auf unsere Mit-Urlauber, aus der anderen Wohngemeinschaft, die per Zug angereist waren. Wir verteilten uns auf unsere Zimmer. Alles sehr nett und bequem.
Mit der Ankunft an diesem schönen Ort verschwand auch gleich die große Reisemüdigkeit. Nachdem die Koffer ungeöffnet in den Zimmern abgelegt wurden, ging es direkt zum Mittagessen. Dabei haben wir auch gleich den Abendspeiseplan bekommen, um vorab zu bestellen. Dann ging es schnell an den See, um alles bei einem kleinen Spaziergang auszukundschaften. Da wurden gleich mehrere Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten geortet: Fahrrad fahren, Boot fahren, Inlineskaten und viels mehr und natürlich Faulenzen auf der Wiese. Die drei Kilometer lange Seepromenade vor dem Hotel hatte hier einiges auf Lager.
Abends gab es ein vorzügliches Abendessen, das wir auf der Hotel-Terrasse genossen haben. Die Zusammenarbeit mit der Küche verlief übrigens reibungslos, denn für einen Bewohner unsererseits bedarf es der Zubereitung spezieller Speisen, welche teilweise von uns vorgefertigt mitgebracht wurden. Geschafft von der Anreise und etwas müde von den ersten Eindrücken, haben sich alle nach einem kurzen Plausch nach dem Essen relativ schnell auf ihre Zimmer begeben. Dementsprechend ruhig verlief die erste Nacht.
Dienstag
Wir standen sehr früh auf, denn einige unserer KlientInnen sind früh aktiv und lassen uns nicht mehr schlafen. Dann trafen wir uns zum ersten gemeinsamen Frühstück. Es wurde uns ein wirklich ausgezeichnetes Angebot präsentiert, an dem nichts fehlte. So manch einer konnte es sich nicht verkneifen, bei diesem verlockenden Angebot, sich einen zweiten oder dritten Teller zu holen. Und konnte man sich einmal verbal nicht verständlich machen, reichte meist ein Fingerzeig, um das Gewünschte auf den Teller zu bekommen.
Der Park wirkt durch und durch sehr naturbelassen und hat sehr große und weite Gehege mit Tieren aus allen Kontinenten. Mit einer längeren gemütlichen Pause dazwischen schafften wir es im Laufe des Tages durch den ganzen Park.
Am späten Nachmittag kampierten wir bei wolkenfreiem Himmel und herrlich warmen Wetter auf der riesigen Wiese, spielten Kegeln und Fußball. Die Herbstsonne tanzte mit ihren Reflexen auf der ruhigen Wasseroberfläche des Sees. Ein traumhafter Nachmittag. Die Zeit verging wie im Flug, jeder konnte die Stunden gut für sich nutzen: einerseits um sich zu entspannen, aber auch um sich so richtig auszupowern. Erst als es langsam dämmerte und kühler wurde gingen wir wieder los und bereiteten uns fürs Abendessen vor.
Mittwoch
Heute Morgen musste ein Klient einen kurzen Besuch beim örtlichen Hausarzt absolvieren. Er bekam eine regelmäßige Spritze. Während eine Betreuerin mit ihm unterwegs war, spazierte der Rest von uns nahe dem Hotel durch den Freizeitpark.
Als wir wieder alle zusammentrafen, liehen wir uns zwei Rikschas aus und starteten eine unterhaltsame Fahrt um den ganzen See herum. Dabei wurde ordentlich in die Pedale getreten. Andere ließen sich wiederum einfach nur chauffieren und genossen diesen Service, durch die Gegend kutschiert zu werden.
Gar ein wenig entkräftet ging es danach zum wohlverdienten Mittagessen. Es gab unter anderem Pizza aus dem hauseigenen Holzofen.
Am Nachmittag nutzten wir wieder das wunderbare Wetter und schlugen erneut unser Deckenlager in der Wiese auf. Ein Bewohner gesellte sich dann plötzlich und ohne Scheu zu zwei netten Damen auf einer Parkbank. Es stellte sich heraus, dass beide bereits mehrere Jahre als Betreuungspersonal gearbeitet hatten.
Sie waren interessiert und sehr begeistert von unserer Aktion und der guten Laune der BewohnerInnen. Diese Aktion weckte natürlich auch noch das Interesse der anderen. Ebenfalls trafen wir den Werkstätten-Betreuer dieses einen Bewohners. Dessen Gruppe machte eine Reise durch die Steiermark und machte einen Zwischenstopp in unserem Hotel.
Der Tag verstrich und wir packten gegen Abend unsere Sachen zusammen und freuten uns schon auf ein gutes Abendessen.
Donnerstag
Für heute ist ein Ausflug zur „Mühle im Märchenwald“ geplant, diese können wir jedoch erst nach am Nachmittag besuchen. Also spazieren wir, vom Frühstück gestärkt und gut gelaunt, erstmals zu Fuß um den ganzen See herum. Das war dann doch ein guter, aber leicht zu bewältigender Marsch, der etwa eine Stunde dauerte. Entlang des Ufers gibt es einige Stege und einen künstlichen Felsen der für Sprünge ins Nass gedacht ist. Wir belassen es jedoch dabei, diese für Fotomotive zu nutzen und nach Fischen Ausschau zu halten.
Wieder im Hotel angekommen machte sich jeder frisch und es ging zum Mittagessen. Nach diesem brachte uns der Bus außerhalb des Ortes, etwa 10 Minuten entfernt, bis zu einem Waldrand. Dort startete unsere Expedition in den Märchenwald.
Zielstrebig den wenigen Schildern im Wald folgend, marschierten wir teilweise steile Wiesen und Waldwege hoch. Doch nach einem anstrengenden Aufstieg mussten wir feststellen, dass wir zwar an einem wunderschönen Aussichtspunkt gelandet sind, jedoch vom richtigen Weg völlig abgekommen waren. Wir suchten Rat bei BewohnerInnen der Höfe in der Umgebung und fanden sehr schnell Hilfe, indem eine Dame uns einen Großteil des Weges begleitete, da sie unser Ziel genau kannte.
Endlich an der Mühle angekommen, bat man uns kühle Erfrischungen, leckere Trauben, Steckerl- Brot und ein wärmendes, großes Lagerfeuer an, an dem wir auch gleich unser Brot selber grillen/backen konnten. Das weckte wieder unsere Lebensgeister. Es wurde uns die Geschichte der kleinen Mühle erklärt, welche nun gerade renoviert wird und bald wieder in Betrieb genommen wird. Währenddessen klärte sich auch, dass die Schilder nicht ganz korrekt angebracht wurden, beziehungsweise einem veraltetem Weg entsprachen.
Erholt von der langen Wanderung und begeistert von dem idyllischen Ambiente rund um die Mühle gingen wir unter anderem noch auf die Suche nach Flusskrebsen im nahen Bach und wurden sogar fündig. Wenig später kam unser Bus an, welcher uns wieder zurück ins Hotel brachte. Jeder nahm sich dann noch etwas Zeit, um sich für das Abendessen zu richten.
Es sollte leider schon das letzte für diese Aktion sein, denn am nächsten Tag stand bereits die Rückreise auf dem Programm. Nach dem ereignisreichen Tag waren alle nach dem Essen schon so müde, dass sie kaum noch die Augen offen halten konnten und sofort ins Bett gingen.
Freitag
Heute konnte sich jeder noch einmal so richtig ausschlafen und wir fanden uns etwas später für das Frühstück zusammen. Dafür hatten wir auch den ganzen Speisesaal für uns allein, da die wenigen anderen Gäste bereits fertig waren. Nach dem Essen begannen wir in aller Ruhe unsere Koffer zu packen und kontrollierten nochmals alle Zimmer und das Gepäck. Danach hieß es, ein klein wenig auf den Bus warten. Dieser sollte jedoch größer sein als der, mit dem wir angereist waren.
Und das war er auch, ein großer Reisebus mit mehr als genug Platz für jeden von uns. Die Fahrt verlief sehr ruhig und entspannt.
Fazit: Im Großen und Ganzen war es eine sehr erfolgreiche und erholsame Urlaubsaktion. Jeder konnte für sich besondere Erfahrungen sammeln und durch die gemeinsame Aktion viele neue Bekanntschaften knüpfen.
Text und Fotos: Na Jeung Mi, Benjamin Schöberl, Carmen Stossfellner
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